FG084 Evidenzbasierte Medizin
Die schrittweise Einführung der Empirie in der Medizin
1 Stunde 32 Minuten
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Beschreibung
vor 4 Jahren
Woher weiß man eigentlich, welche Therapie wirkt? Dafür gibt es
klinische Studien, in denen zum Beispiel ein neues Medikament
geprüft wird, ob es hilft und was für Nebenwirkungen auftreten.
Doch ganz so simpel ist die Anlage einer solche Untersuchung eben
nicht. Es gibt viele Fallstricke, die die Ergebnisse unbrauchbar
machen – zum Beispiel wenn die Gruppe, die das Medikament bekommt,
und die Kontrollgruppe, die nur ein Placebo erhält, unterschiedlich
zusammengesetzt sind. Ohne sauberes wissenschaftliches Arbeiten
gewinnt man zwar Daten, aber keine gesicherte Erkenntnis. Fehler
und Verzerrungen in wissenschaftlichen Studienergebnissen
systematisch auszuschalten, ist der Kern des evidenzbasierten
Ansatzes in der medizinischen Forschung. Gerd Antes (71) gilt als
ihr Wegbereiter in Deutschland. Der Mathematiker und langjährige
Direktor des Deutschen Cochrane Zentrums am Universitätsklinikum
Freiburg hat sich während seines Berufslebens dafür stark gemacht,
den empirischen Nachweis von Wirksamkeit in der Forschung ins
Zentrum zu stellen und auch Ärzte in der Ausbildung das Know-how
beizubringen, Studien kritisch zu lesen. Hier hat es tatsächlich
gewaltige Fortschritte gegeben, aber: Qualität ist kein
Selbstläufer, und gerade in Pandemie-Zeiten scheint in der
Forschung Geschwindigkeit oft vor Gründlichkeit zu gehen. Und wenn
man etwa die Wirkung einer Intervention zur Eindämmung des
Infektionsgeschehens messen will, der Effekt sich aber in einem
Knäuel von Maßnahmen nicht sauber herausfiltern lässt, wird die
Untersuchung nicht viel taugen. Auch Big Data und maschinelles
Lernen sind da leider nicht die Lösung, denn was ein plausibler
Zusammenhang zwischen zwei Faktoren ist, weiß eine künstliche
Intelligenz eben nicht von sich aus, mangels eigener
Lebenserfahrung. Nicht jede statistische Korrelation begründet eine
Kausalität. Neben der verlässlichen Erhebung von Daten geht es bei
evidenzbasierter Forschung eben auch um den Sinn. Das Gespräch
wurde am 28. Oktober 2020 aufgezeichnet.
klinische Studien, in denen zum Beispiel ein neues Medikament
geprüft wird, ob es hilft und was für Nebenwirkungen auftreten.
Doch ganz so simpel ist die Anlage einer solche Untersuchung eben
nicht. Es gibt viele Fallstricke, die die Ergebnisse unbrauchbar
machen – zum Beispiel wenn die Gruppe, die das Medikament bekommt,
und die Kontrollgruppe, die nur ein Placebo erhält, unterschiedlich
zusammengesetzt sind. Ohne sauberes wissenschaftliches Arbeiten
gewinnt man zwar Daten, aber keine gesicherte Erkenntnis. Fehler
und Verzerrungen in wissenschaftlichen Studienergebnissen
systematisch auszuschalten, ist der Kern des evidenzbasierten
Ansatzes in der medizinischen Forschung. Gerd Antes (71) gilt als
ihr Wegbereiter in Deutschland. Der Mathematiker und langjährige
Direktor des Deutschen Cochrane Zentrums am Universitätsklinikum
Freiburg hat sich während seines Berufslebens dafür stark gemacht,
den empirischen Nachweis von Wirksamkeit in der Forschung ins
Zentrum zu stellen und auch Ärzte in der Ausbildung das Know-how
beizubringen, Studien kritisch zu lesen. Hier hat es tatsächlich
gewaltige Fortschritte gegeben, aber: Qualität ist kein
Selbstläufer, und gerade in Pandemie-Zeiten scheint in der
Forschung Geschwindigkeit oft vor Gründlichkeit zu gehen. Und wenn
man etwa die Wirkung einer Intervention zur Eindämmung des
Infektionsgeschehens messen will, der Effekt sich aber in einem
Knäuel von Maßnahmen nicht sauber herausfiltern lässt, wird die
Untersuchung nicht viel taugen. Auch Big Data und maschinelles
Lernen sind da leider nicht die Lösung, denn was ein plausibler
Zusammenhang zwischen zwei Faktoren ist, weiß eine künstliche
Intelligenz eben nicht von sich aus, mangels eigener
Lebenserfahrung. Nicht jede statistische Korrelation begründet eine
Kausalität. Neben der verlässlichen Erhebung von Daten geht es bei
evidenzbasierter Forschung eben auch um den Sinn. Das Gespräch
wurde am 28. Oktober 2020 aufgezeichnet.
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