Ulrike Heine: "Die Kultivierung geistiger Werte verbunden mit dem Begriff des Schönen" – Der Kunstbegriff in der öffentlichen Diskussion in Russland

Ulrike Heine: "Die Kultivierung geistiger Werte verbunden mit dem Begriff des Schönen" – Der Kunstbegriff in der öffentlichen Diskussion in Russland

Global Studies 2011 | Symposium
26 Minuten

Beschreibung

vor 12 Jahren

Global Studies 2011 | Symposium


10/19/2011-10/20/2011


Der Kunstbegriff in der öffentlichen Diskussion in Russland (ab
1998) Betrachtet man den Kunstbegriff als gesellschaftliche
Aushandlungskategorie im Sinne der konstruktivistisch
orientierten Kunstsoziologie (u.a. Hans Dieter Huber), so hat der
Begriff „Kunst“ keinen ontologischen Kern, sondern wird in
Gemeinschaften und Gesellschaften immer wieder neu verhandelt.
Besonders deutlich wird der Aushandlungscharakter des Begriffs in
sogenannten „Transformationsgesellschaften“, d.h. Gesellschaften
in politischen oder ökonomischen Umbruchphasen. Mit den Umbrüchen
geht eine Neu-Verhandlung von kollektiven Normen und Werten
einher. Die zeitgenössische Kunstproduktion ist dabei ein
Bereich, in dem sich diese Verhandlungen nicht nur spiegeln:
vielmehr unterliegt die Diskussion hier weniger Restriktionen,
ist spielerischer und explorativer, zugleich aber auch immer in
der Gefahr der Radikalisierung oder Indienstnahme durch die
Akteure, die die Transformation im politischen und im
ökonomischen Feld gestalten.
Auch die russische Kunstwelt ist seit dem Zusammenbruch der
Sowjetunion eine Arena, in der sich gesamtgesellschaftliche
Prozesse spiegeln, alte und neue Ordnungen miteinander in
Konkurrenz treten. Anhand der Rezeption der Künstlergruppe Blue
Noses (seit 1999), die ich im Rahmen meiner Magisterarbeit „Die
Künstlergruppe Blue Noses in Russland. Bedeutungsproduktion in
zeitgenössischen Kunstdiskursen“ (Universität Leipzig, 2009)
untersucht habe, konnte ich zeigen, dass der Kunst-Begriff
diskursiver Knotenpunkt und neuralgisches Schlagwort für die
russische bzw. postsowjetische Öffentlichkeit ist. Folgt man den
Diskussionslinien und Definitionsversuchen diskursanalytisch,
lassen sich allgemeine Meinungslagen und Akteurspositionen für
die russische Situation abbilden.


Auszug aus einem Gutachten, angefertigt von Natal’ja Timurovna
Eneevaja im Zuge des Gerichtsverfahrens gegen den Organisator und
den Kurator der Ausstellung „Verbotene Kunst 2006“, die im März
2007 im Museum A.D. Sacharov gezeigt wurde.

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15
:
: