30 Jahre Pogrom in Rostock-Lichtenhagen: "Aus Sicht der Täter ein Erfolg"

30 Jahre Pogrom in Rostock-Lichtenhagen: "Aus Sicht der Täter ein Erfolg"

13 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren
Vor 30 Jahren hat ein rechter Mob in Rostock-Lichtenhagen
Asylbewerber und Migranten angegriffen. Ein Gespräch über das Erbe
dieses Pogroms. Vom 22. bis zum 26. August 1992 tobt in Rostocker
Stadtteil Lichtenhagen ein rechter Mob. Der Zorn von Hunderten
entlädt sich gegen Geflüchtete, die dort seit Wochen vor der
Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber campieren. Erst fliegen
Steine, dann Molotowcocktails, Bürger applaudieren. Nachdem die
Unterkunft geräumt ist, richtet sich die Wut gegen das benachbarte
Wohnheim vietnamesischer Vertragsarbeiter. Das Haus wird gestürmt,
Feuer gelegt. Eine völlig überforderte Polizei kapituliert, die
Feuerwehr ist hilflos. 150 Menschen sind in Todesangst. Nur knapp
entkommen sie über einen Notausgang aufs Dach dem Tod. Erst nach
vier Tagen und Nächten des Pogroms bekommt ein massives
Polizeiaufgebot die Lage unter Kontrolle. "Das aggressive
Grundrauschen, das immer mehr anschwoll", habe sie schon in ihrer
Kindheit erlebt, sagt die gebürtige Rostockerin und SZ-Redakteurin
Ulrike Nimz. Lichtenhagen sei deshalb auch so "ein Fanal" gewesen,
"weil das Versagen von Politik und Behörden so allumfassend war".
Auch habe der damalige Kanzler Helmut Kohl (CDU) von einem
Staatsnotstand beim Thema Asyl gesprochen. Man habe danach die
Gelegenheit genutzt, um das Asylrecht zu verschärfen. "Das grenzt
natürlich an Täter Opfer Umkehr. Und was noch viel schlimmer ist:
Aus Sicht der Täter war Lichtenhagen ein Erfolg." Lichtenhagen
erschien "wie ein Solitär". Aber bereits ein Jahr zuvor gab es in
Hoyerswerda ähnliche Ausschreitungen. "Bürger konnten Seite an
Seite mit Neonazis Steine schmeißen." Auch habe es die Morde von
Mölln und Solingen und vor zwei Jahren in Hanau gegeben. "Von
Einmaligkeit kann man ganz und gar nicht sprechen." Teilweise gebe
es einen "Reflex, das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen zu einer
Sache zu machen, die nichts mit den Rostock zu tun" habe. Es seien
angereiste Neonazis gewesen. "Das stimmt teilweise, aber eben nicht
nur. Also gerade am Anfang waren es Lichtenhagen und Rostocks
Bürger, die da standen, geklatscht haben, als wäre das ein
Happening." Die Erfahrung der Selbstermächtigung, das Erbe von
Lichtenhagen, wirke bis heute bei diesen Leuten. "Die haben
gelernt, dass man nur Steine schmeißen und ein paar Mollis basteln
muss, um zu bekommen, was man will, nämlich eine vermeintlich
ausländerfreie Stadt." Wichtig sei Zivilcourage um eine
Wiederholung zu verhindern, aber auch konsequente Strafverfolgung
und konsequente Ahndung von rassistischen Übergriffen - auch im
Internet. Weitere Nachrichten: Neue Corona-Regeln, Missbrauchsfall
im Trierer Bistum fehlt in Zwischenbericht. Moderation, Redaktion:
Lars Langenau Redaktion: Franziska von Malsen Produktion: Immanuel
Pedersen Zusätzliches Audiomaterial über Spiegel TV

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