Sarah Petzold über Berghain als Safe Space: “Die Türsteher*innen sind wichtiger als die DJs.”

Sarah Petzold über Berghain als Safe Space: “Die Türsteher*innen sind wichtiger als die DJs.”

59 Minuten
Podcast
Podcaster
Queer.de präsentiert den queeren Podcast mit Nollendorfblogger Johannes Kram

Beschreibung

vor 8 Monaten
Sarah Petzold, die acht Jahre als Türsteherin im berühmtesten
Technoclub der Welt arbeitete, spricht über die Macht der
Einlass-Crew, das Berghain als queerer Safe Space und die Auswahl
einer guten Party-Crowd. Ins Berliner Berghain zu gelangen, ist
keine leichte Angelegenheit. Sehr oft stundenlang stehen Menschen
in der Schlange vor dem berühmtesten Technoclub der Welt, um sich
dann, endlich am Eingang angekommen, anhören zu müssen: „Tut mir
leid, aber heute nicht“. Die Einlassregeln sind so berüchtigt
streng, dass es im Internet zahlreiche fragwürdige Kleidungs- und
Verhaltenstipps gibt, wie man die Tür-Crew angeblich gnädig stimmen
kann. Wie kommt man denn nun wirklich garantiert ins Berghain? Um
diese Frage geht es glücklicherweise nicht im neuen
QUEERKRAM-Podcast, in dem Johannes Kram die langjährige
Berghain-Türsteherin Sarah Petzold zu Gast hat. Aber es geht sehr
wohl um die Hintergründe der strengen Türpolitik, die nicht allein
wegen der Massen an Neugierigen existiert. Die lesbische
Berlinerin, die ihren Job bis vor kurzem acht Jahre lang ausgeübt
hat, berichtet außerdem von ihren Erfahrungen. Ihrer Macht als
Türsteherin ist sich Petzold bewusst: „Ich kann der Person das
Wochenende total versauen, ich kann ihr das schönste Wochenende der
Welt machen - das ist meine Entscheidung“, erzählt sie im Podcast.
Doch aus dieser Macht ziehe sie keine Befriedigung, sie bemühe
sich, bei jeder Abweisung höflich zu sein. Ihr gehe es darum, die
richtige Mischung für eine gelungene Party zu finden. „Das ist eine
Form von Kunst, die richtige Menschenmenge zusammenzustellen“, so
Petzold. Ihr Fazit: Die Person an der Tür ist wichtiger als die
hinter dem DJ-Pult. Wer nicht ins Berghain passe, das sehe sie
schon, wenn sie die Schlange beobachte, erzählt die
Kampfsportlerin. Vor allem gehe es darum, die Intoleranten, die
Ja-aber-Menschen herauszufiltern, die von dem sexpositiven
„Schlaraffenland für Erwachsene“ (Sarah Petzold) oder der queeren
Vielfalt der Besucher*innen möglicherweise überfordert sein
könnten. „Wir wollen einen Safe Space für alle bewahren“, stellt
die Ex-Türsteherin klar. Aufgrund der harten Tür wird im Berghain
eine queere Gesellschaftsutopie gelebt – das ist die vielleicht
wichtigste Erkenntnis aus diesem spannenden Podcast. Was mitunter
bunte Blüten treibt: So erzählt Sarah Petzold, dass sich
heterosexuelle Männer schon mal händchenhaltend als schwules Paar
ausgeben, um in den legendären Technoclub zu gelangen. In dem rund
einstündigen Gespräch geht es außerdem um Sarahs Hobby Mixed
Martial Arts (MMA), bei dem man schon mal ohnmächtig werden kann,
den richtigen Umgang mit queerfeindlicher Gewalt, um die
Beliebtheit der Berghain-Cruisingarea auf Frauenpartys „Auch Lesben
sind innerlich kleine Kinder“), den Umgang mit der gefährlichen
Droge G und warum Techno und Schlager kein Widerspruch sein müssen
- vor dem Berghain hat der Kerstin-Ott-Fan als Türsteherin
ausgerechnet in der Busche gearbeitet. Am Ende des Podcasts ist man
richtig traurig, dass Sarah Petzold ihren Berghain-Job aufgegeben
hat. Neben ihrem Hauptberuf – sie ist gelernte Anlagenmechanikerin
– seien die Nachtschichten einfach zu viel geworden, erzählt sie im
Gespräch mit Johannes Kram. Was aber auch etwas Gutes hat: Jetzt
kann sie das Berghain auch selbst wieder als ganz normaler Gast
genießen. - Micha Schulze, queer.de, 30. März 2024

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