Österliche GrabesUnruhe – Wenn eine todsichere Gewissheit erschüttert wird

Österliche GrabesUnruhe – Wenn eine todsichere Gewissheit erschüttert wird

23 Minuten

Beschreibung

vor 9 Monaten

(Deutschlandfunk, Am Sonntagmorgen, Ostersonntag, 31. März 2024)


In der vergangenen Nacht hat die Christenheit begonnen, das
Osterfest zu feiern. Die letzten Tage waren in vielen Gemeinden
davon geprägt, in Gottesdiensten die letzten Stationen im Leben
Jesu nachzugehen. Sie haben seinen Einzug nach Jerusalem gefeiert
und des letzten Abendmahls gedacht. Sie haben die Berichte von
Gefangennahme und Prozess, Hinrichtung und Kreuzestod Jesu
gelesen und gestern an seine Grabesruhe erinnert. Die Feier der
Osternacht mündete heute dann in den Osterjubel über die
Auferstehung Jesu: „Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaft
auferstanden. Halleluja.“


In dieser Sendung zum Osterfest möchte ich aus verschiedenen
Perspektiven diesen Übergang von der Grabesruhe zum Osterjubel
betrachten. Denn beim näheren Hinsehen ist für die Menschen um
Jesus die Grabesruhe bereits eine Grabesunruhe. Und das Grab Jesu
wird zu der Stelle, an der das Siegesfest des Lebens mit einem
Todesschrecken beginnt.


1. Ruhe sanft!


Am Ende der Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach scheint
endlich alles vorbei zu sein. Nach dem Prozess und der
Leidensgeschichte bis zum Tod des gekreuzigten Jesus besingt und
beweint der Chor den Begrabenen:


„Wir setzen uns mit Tränen nieder /
Und rufen dir im Grabe zu: /
Ruhe sanfte, sanfte ruh!“


Die Grabesruhe Jesu wird in den Tagen vor dem Osterfest eigens
begangen. Am Karfreitag wird feierlich und mit verteilten Rollen
die Leidensgeschichte Jesu gelesen. Anschließend folgt eine
feierliche Kreuzverehrung. Nach dem Gottesdienst ist die Kirche
leer und dunkel. Aller Schmuck und jedes Zeichen von
Feierlichkeit wird entfernt. Am Karsamstag dann ist alles still.
Es werden keine Gottesdienste gefeiert. Die Kirche begeht die
Grabesruhe Jesu.


Für mich hat die Grabesruhe des Karsamstags immer etwas
Ambivalentes. Einerseits empfinde ich ein Aufatmen über das „Es
ist vollbracht“, das Jesus am Ende seines Lebens spricht. Ich bin
erleichtert, dass die Qual ein Ende hat und möchte einstimmen,
wenn am Ende der Matthäuspassion der Chor dem Gestorbenen zuruft:
„Mein Jesu, gute Nacht!“ und „Ruhe sanfte, sanfte ruh!“


Andererseits fallen Wunsch und Empfinden nicht selten
auseinander, wenn Menschen um einen geliebten Menschen trauern.
Die Ruhe, die sie dem Verstorbenen wünschen, stellt sich bei den
Trauernden selbst oft lange nicht ein. Der Tod eines lieben
Menschen kann uns aufwühlen. Die Liebe sehnt sich nach einem
Wiedersehen. Schmerz und Trauer versetzen das Empfinden und
Denken in Unruhe. Vor allem dann, wenn es sich um einen
plötzlichen oder dramatischen oder gar um einen von anderen
Menschen verschuldeten Tod handelt.


Und wie sieht es angesichts des Todes eines vertrauten Menschen
mit der Frage nach Schuld und Vergebung aus? Wenn er an uns oder
wir an ihm schuldig geworden sind, ist mit seinem Tod für uns ja
nicht einfach alles vorbei. Habe ich eine Hoffnung und einen
Willen, dass auch mein Widersacher Versöhnung und Frieden oder
vielleicht sogar unsterbliches Leben findet? Und wie soll
Versöhnung geschehen, wenn einer unwiderruflich gegangen und die
Zeit zum Gespräch verstrichen ist?


(Der restliche Text erscheint in Kürze auf www.betdenkzettel.de.
Bereits jetzt ist er in voller Länge hörbar.)

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