„I May Destroy You“: K.O.-Tropfen untergemischt, danach wurde sie missbraucht
Wie mit Traumata umgehen? Die Britin Michaela Coel hat mit „I May
Destroy You“ ein Format entwickelt, das sich in viele Richtungen
erstreckt
28 Minuten
Podcast
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Beschreibung
vor 3 Jahren
Wie mit Traumata umgehen? Die Britin Michaela Coel hat mit „I May
Destroy You“ ein Format entwickelt, das sich in viele Richtungen
erstreckt Eine Serie über sexuelle Übergriffe, über Konsens, über
den Umgang mit Traumata: Die Britin Michaela Coel hat mit „I May
Destroy You“ ein Format entwickelt, das sich in viele Richtungen
erstreckt und bis zum Ende doch offen lässt, wer hier eigentlich
zerstört werden soll. Die Protagonistin selbst? Der Fremde, um den
sich so vieles dreht? Oder womöglich der Zuschauende, mithilfe der
realistischen Rohheit des Gezeigten? Aber zunächst wird uns
Hauptfigur Arabella (gespielt von Coel) noch relativ harmlos
präsentiert. Es könnte sich hierbei genauso gut um eine Szene aus
„Girls“ handeln: Mit „Chroniken eines satten Millennials“ hat sie
bereits ein Buch geschrieben, jetzt sitzt ihr die Deadline für das
nächste im Nacken. Nun muss sie unbedingt schnell schreiben, nicht
den Fokus verlieren, denkt sie sich – so dass der Verlag endlich
Ruhe gibt. Aber statt an dem nächsten Satz zu tippen, ist sie auf
Twitter. Ständig lässt sich Arabella ablenken. Und dann geht sie
doch aus, trifft sich mit Freunden in einer Bar, nur um ein paar
Stunden mit ihnen zu feiern. Nur dass es sich hierbei nicht um eine
normale Partynacht in dem Leben der Anfang-30-jährigen Autorin
handelt, sondern um den Abend, in der sie vergewaltigt wird. Das
findet sie aber erst später heraus. Längst sitzt sie in den frühen
Morgenstunden wieder vor ihrem Laptop, haut mechanisch in die
Tasten und wischt sich noch nicht mal das Blut von der Stirn. Erst
nach und nach setzen sich Bilder in ihrem Kopf fest. Von einem
schwitzenden Mann, der dicht über sie gebeugt ist. Sie befindet
sich dabei halb auf dem Boden einer dunklen Klokabine, scheinbar
handlungsunfähig. Und dann wird es ihr bewusst. Der Prozess des
Erkennens, der Weg zur Polizei, das daraus resultierende Trauma,
der einfach nicht enden wollende Horror – das alles beruht auf den
Erfahrungen, die die Hauptdarstellerin, Regisseurin (zumindest bei
neun von zwölf Folgen), Drehbuchautorin und Produzentin selbst
machen musste, als sie kurz vor der Fertigstellung ihrer zweiten
Staffel von „Chewing Gum“ stand. Wie Arabella bekam Michaela Coel
K.o.-Tropfen untergemischt, danach wurde sie missbraucht. Aber nach
der autobiografischen Ausgangslage nimmt die Serie einen nicht mehr
gänzlich autobiografischen Weg. Eine Unterscheidung zu ihrer
eigenen Geschichte war Coel wichtig. Die Reise von Arabella sei
„teils Realität, teils Fiktion“. Mit ihrer Protagonistin macht sie
sich erst auf die langwierige Suche nach Hinweisen, was genau in
der Bar vorgefallen ist, und als ihr die Tragweite des Vorfalls
klarer wird, auf die Suche nach dem Täter und nach Gerechtigkeit.
Je weiter sie geht, desto selbstgerechter wird sie auch. Eigene
Fehler gesteht sie sich nicht ein. „Ein Trauma kann zu einem sehr
binären Denken führen, das ist eine Art zu überleben“, führt Coel
aus. Um dies zu unterstreichen, zeigt sie Arabella, wie sie sich
mithilfe von Twitter und Instagram zur influencenden Aktivistin im
Kampf gegen sexuelle Gewalt aufbäumt. In ihrem Leben scheint es nur
noch Gut und Böse zu geben – und sie ist die weibliche Version von
Robin Hood. Oder zumindest eine hart durchgreifende Rächerin. Rund
um die Uhr ist sie stinkwütend, nimmt in Rage Videos für ihre
Socials auf, teilt aber auch gegen ihre Freunde aus und benimmt
sich so unangenehm invasiv, wie sie es bei anderen anprangert. Das
Trauma ließ auch Coel „die Hässlichkeit, die ich in mir habe“
vergessen und holte sie gleichzeitig mit voller Wucht hervor. Das
Opfer kann auch „ein Arschloch“ sein – diesen Umstand möchte Coel
mit ihrer Serie unterstrichen wissen. Vor allem aber wird hier
klarer denn je formuliert, wie wichtig Konsens ist. Für Michaela
Coel war das Schreiben karthatisch. Kein Wunder also, dass sie den
Netflix-Deal ausschlug, für den sie die Rechte an „I May Destroy
You“ hätte abgeben müssen. Sie wollte die Story, an der sie rund
zweieinhalb Jahre arbeitete und für jede Episode um die 20 Drafts
schrieb, komplett in ihren Händen behalten. Learn more about your
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Destroy You“ ein Format entwickelt, das sich in viele Richtungen
erstreckt Eine Serie über sexuelle Übergriffe, über Konsens, über
den Umgang mit Traumata: Die Britin Michaela Coel hat mit „I May
Destroy You“ ein Format entwickelt, das sich in viele Richtungen
erstreckt und bis zum Ende doch offen lässt, wer hier eigentlich
zerstört werden soll. Die Protagonistin selbst? Der Fremde, um den
sich so vieles dreht? Oder womöglich der Zuschauende, mithilfe der
realistischen Rohheit des Gezeigten? Aber zunächst wird uns
Hauptfigur Arabella (gespielt von Coel) noch relativ harmlos
präsentiert. Es könnte sich hierbei genauso gut um eine Szene aus
„Girls“ handeln: Mit „Chroniken eines satten Millennials“ hat sie
bereits ein Buch geschrieben, jetzt sitzt ihr die Deadline für das
nächste im Nacken. Nun muss sie unbedingt schnell schreiben, nicht
den Fokus verlieren, denkt sie sich – so dass der Verlag endlich
Ruhe gibt. Aber statt an dem nächsten Satz zu tippen, ist sie auf
Twitter. Ständig lässt sich Arabella ablenken. Und dann geht sie
doch aus, trifft sich mit Freunden in einer Bar, nur um ein paar
Stunden mit ihnen zu feiern. Nur dass es sich hierbei nicht um eine
normale Partynacht in dem Leben der Anfang-30-jährigen Autorin
handelt, sondern um den Abend, in der sie vergewaltigt wird. Das
findet sie aber erst später heraus. Längst sitzt sie in den frühen
Morgenstunden wieder vor ihrem Laptop, haut mechanisch in die
Tasten und wischt sich noch nicht mal das Blut von der Stirn. Erst
nach und nach setzen sich Bilder in ihrem Kopf fest. Von einem
schwitzenden Mann, der dicht über sie gebeugt ist. Sie befindet
sich dabei halb auf dem Boden einer dunklen Klokabine, scheinbar
handlungsunfähig. Und dann wird es ihr bewusst. Der Prozess des
Erkennens, der Weg zur Polizei, das daraus resultierende Trauma,
der einfach nicht enden wollende Horror – das alles beruht auf den
Erfahrungen, die die Hauptdarstellerin, Regisseurin (zumindest bei
neun von zwölf Folgen), Drehbuchautorin und Produzentin selbst
machen musste, als sie kurz vor der Fertigstellung ihrer zweiten
Staffel von „Chewing Gum“ stand. Wie Arabella bekam Michaela Coel
K.o.-Tropfen untergemischt, danach wurde sie missbraucht. Aber nach
der autobiografischen Ausgangslage nimmt die Serie einen nicht mehr
gänzlich autobiografischen Weg. Eine Unterscheidung zu ihrer
eigenen Geschichte war Coel wichtig. Die Reise von Arabella sei
„teils Realität, teils Fiktion“. Mit ihrer Protagonistin macht sie
sich erst auf die langwierige Suche nach Hinweisen, was genau in
der Bar vorgefallen ist, und als ihr die Tragweite des Vorfalls
klarer wird, auf die Suche nach dem Täter und nach Gerechtigkeit.
Je weiter sie geht, desto selbstgerechter wird sie auch. Eigene
Fehler gesteht sie sich nicht ein. „Ein Trauma kann zu einem sehr
binären Denken führen, das ist eine Art zu überleben“, führt Coel
aus. Um dies zu unterstreichen, zeigt sie Arabella, wie sie sich
mithilfe von Twitter und Instagram zur influencenden Aktivistin im
Kampf gegen sexuelle Gewalt aufbäumt. In ihrem Leben scheint es nur
noch Gut und Böse zu geben – und sie ist die weibliche Version von
Robin Hood. Oder zumindest eine hart durchgreifende Rächerin. Rund
um die Uhr ist sie stinkwütend, nimmt in Rage Videos für ihre
Socials auf, teilt aber auch gegen ihre Freunde aus und benimmt
sich so unangenehm invasiv, wie sie es bei anderen anprangert. Das
Trauma ließ auch Coel „die Hässlichkeit, die ich in mir habe“
vergessen und holte sie gleichzeitig mit voller Wucht hervor. Das
Opfer kann auch „ein Arschloch“ sein – diesen Umstand möchte Coel
mit ihrer Serie unterstrichen wissen. Vor allem aber wird hier
klarer denn je formuliert, wie wichtig Konsens ist. Für Michaela
Coel war das Schreiben karthatisch. Kein Wunder also, dass sie den
Netflix-Deal ausschlug, für den sie die Rechte an „I May Destroy
You“ hätte abgeben müssen. Sie wollte die Story, an der sie rund
zweieinhalb Jahre arbeitete und für jede Episode um die 20 Drafts
schrieb, komplett in ihren Händen behalten. Learn more about your
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