Beschreibung

vor 7 Jahren
Beliebtheit und Beliebigkeit   Dass der Mensch gemocht, nach
Möglichkeit sogar geliebt und bewundert werden will, dürfte als
panhumanes Phänomen zu betrachten sein. Natürlich gibt es auch hier
Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Zum Geliebt-, Gemocht- oder
Bewundert -Werden gibt es je zwei mögliche Wege: Erstens: Ich tue
so, als stellte ich etwas dar, von dem ich glaube, dass es zu einer
bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort besonders beliebt ist. Dass
dies so ist, entnehme ich der Tatsache, dass sich andere genauso
verhalten. Dieses Verfahren halte ich für falsch. Zweitens: Ich
versuche, allen Risiken zum Trotz, auch um das Risiko, nicht von
allen geliebt zu werden, ich selbst zu sein. Dieses Verfahren halte
ich für richtig.   „Sind wir nicht alle ein bisschen Bluna?“
  Mit dem Slogan „Bluna“ zu sein ist eine gewisse liebenswerte
Schrulligkeit gemeint. Vermutlich wollte der Getränkehersteller auf
diese Weise mit sympathisch-sein-wollenden Menschen fraternisieren
und traf damit tatsächlich den Zeitgeist, denn ein bisschen
sympathisch sein will doch jeder. Oder?   Aber wie? Es lohnt
sich zuweilen, Wörter und Begriffe genauer zu betrachten, sie in
ihre Sinneinheiten zu zerlegen, um ihre Bedeutungen zu verstehen.
  Wenn wir alle so tun, als wären wir einfach sympathisch,
dann werden wir automatisch beliebig. Man beachte, dass das Wort
„beliebig“ den Terminus „Liebe“ enthält, was nichts anderes heißt,
als dass der Beliebigkeit anheimgefallene Menschen meinen, einfach
so, egal für was, geliebt werden zu können. Nur: Niemand wird für
seine Beliebigkeit geliebt. Damit nicht genug: Semantisch ist in
der Beliebigkeit die Wahllosigkeit gleich mit enthalten, was ein
entscheidungsloses Sich-zur-schaustellen um der Beliebtheit willen
bedeutet. Denn wer bewusst wählt, hat ja eine Entscheidung
getroffen.   Gerne wählt der Mensch die risikolosen Wege – und
ist dann entsetzt, wenn er sich verirrt. Bequem ist es, den anderen
hinterherzulaufen, zu vergleichen und Gleiches zu tun. Sich selbst
mit den anderen zu vergleichen und zu versuchen, alle anderen über
die eigene Wirklichkeit hinwegzutäuschen. Zum Blender zu werden.
Und weil fast alle es genauso machen wie er, wird er zum Blender
unter Blendern, er löst sich auf und geht unter im riesigen Heer
der Narzissten. Dann ist er aber nicht mehr er selbst. Denn er hat
sich gegen sich und für die Gesichtslosigkeit entschieden. Wenn nun
die einzelnen Menschen als Narzissten in einer Gesellschaft von
Narzissten leben – wie kann es dann gelingen, aus dieser Masse
herauszuragen? Macht es überhaupt Sinn, und ist es überhaupt
notwendig? Es kommt darauf an, was ich will. Will ich einfach nur
frei sein? Will ich Verantwortung übernehmen? Viele meinen,
Verantwortung sei das Ende der Freiheit, weil sie bindet. Dabei ist
das Gegenteil wahr. Die Definition von Freiheit, die wir meinen,
ist ohne Verantwortung nicht denkbar und nicht möglich. Freiheit
und Verantwortung sind untrennbar miteinander verquickt, sie
bedingen sich gegenseitig. Sie sind Eins. Falls ich mich also dafür
entschieden habe, Verantwortung zu übernehmen – was ja auf
Unternehmer per se zutrifft: Dann sollte ich zumindest versuchen,

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