Ich habe euch Freunde genannt Joh 15,9-17

Ich habe euch Freunde genannt Joh 15,9-17

5 Minuten

Beschreibung

vor 8 Monaten

Heute feiere ich mit Bernadette ihre erste heilige Kommunion. Da
trifft es sich gut, dass Jesus im Evangelium über seine Freunde
spricht. Der Tag heute ist ein Schritt auf dem Weg der
Freundschaft zwischen Jesus und Bernadette. Was heißt nun
Freundschaft mit Jesus Christus? Und wie ist es bei mir um sie
bestellt?


„Freund“ mag zunächst ein wenig lapidar klingen, wenn es um die
Beziehung zu Gott geht. Das Wort wird ja inflationär gebraucht,
z.B. für alle irgendwie im Netz miteinander Verbundenen oder von
Ex-Geliebten, die beteuern, sie würden „gute Freunde bleiben“.


Aber ursprünglich bezeichnet Freundschaft (philia) nicht nur eine
Art von näherer Bekanntschaft oder gegenseitiger Sympathie.
Freundschaft ist vielmehr eine Weise der Liebe. Und Liebe ist
mehr als Gefühl. Lieben heißt, zu wollen und das Meine dazu zu
tun, dass der Andere zu seiner ganzen Größe und Schönheit kommt.
Wo dieses „Groß-sein-Lassen“ des Anderen erwidert wird, da ist
Freundschaft. Freundschaft ist gegenseitige Liebe.


Freundschaft ist eine Beziehung von Ebenbürtigen, die jedoch
verschieden sind, und die einander Anteil geben und nehmen – an
ihrem Leben, ihren Gaben und ihrem Geschick. Was einer hat, hat
er auch für den anderen. Was den einen trifft, lässt den anderen
nicht unberührt.


Und schließlich sind Freunde Menschen, die etwas gemeinsam haben,
denen es miteinander um etwas geht, „die Gemeinschaft in
wichtigen Dingen haben“ (Franz von Sales).


„Ich habe euch Freunde genannt“, sagt Jesus den Jüngern. Uns wird
keine Reaktion der Angesprochenen berichtet. Aber es ist zu
vermuten, dass es die Männer und Frauen erschüttert hat, die
Jesus gekannt und ihm geglaubt haben, mit ihm vertraut wurden und
ihn geliebt haben.


Denn sie haben ja immer wieder das göttliche Anderssein dieses
Menschen erlebt und erlitten. Sie haben auf menschlicher Ebene
das größte Gefälle erlebt, dass es geben kann: die
unvergleichliche Andersheit vom Urgrund des Seins und dem
Seienden, von Schöpfer und Geschöpf, von Gott und der Welt.


Aber wenn Gott sich offenbart, dann sucht er die Erkennbarkeit,
die Ähnlichkeit, die Ebenbürtigkeit mit dem Menschen, dem er sich
offenbaren will. Von dem Moment, in dem Gott mit Mose redet, „von
Angesicht zu Angesicht, wie einer mit seinem Freund spricht“ (Ex
33,11), bis hin zu Jesus, in dem Gott sich als ein Mensch
offenbart, „in allem uns gleich, außer der Sünde“ (IV. Hochgebet,
vgl. Hebr 4,15).


Vergessen wir mal das Gefälle, will Jesus sagen. Vergessen wir
mal für einen Augenblick, dass ich der Herr bin und ihr Diener
seid. „Ich nenne euch nicht mehr Knechte“, sagt er, „denn der
Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch
Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von
meinem Vater gehört habe.“ (Joh 15,15)


Nichts von dem, was ich vom Vater erfahren und empfangen habe,
behalte ich für mich. Alles höre und habe ich für euch. Alles
sage und gebe ich euch.


Und dann blitzt doch nochmal kurz das Gefälle auf: „Ihr seid
meine Freunde, wenn ihr tut, was ich Euch auftrage.“ Er bleibt ja
doch auch der Herr, der einen Auftrag und eine Sendung für seine
Freunde hat.


Aber auch das gehört zu jeder Freundschaft, dass der eine nach
dem fragt, was der andere erkannt hat – nach dem, was er soll und
was er will. Angenommen, der eine Freund hat nun den Willen
Gottes, das schlechthin Gute ganz erkannt, dann gehört zur
Freundschaft auch, dass sein Freund mit ihm will, was er will,
mit ihm liebt, was er liebt, und für ihn tut, was er getan haben
will.


Und so, sagt Jesus, bekommt er auch Anteil am Leben des
göttlichen Freundes und an der unaussprechlichen Freude, die
dieser nicht für sich behalten will.


„Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt“,
sagt Jesus. Und nun ist die Wahl bei uns. Bernadette war neulich
bei mir. Sie will eine Freundin Jesu sein. Und ihre Freude nimmt
mich mit zu dem, der will, dass die Seinen „Freunde Jesu“ für die
Menschen sind.


Fra’ Georg Lengerke

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