Beschreibung

vor 4 Monaten

Eine der typischen Fragen zu Bibeltexten bei Stufen des Lebens
ist: Wo finde ich mich in diesem Text wieder?


Wenn ich mir das bei Texten aus den Evangelien überlege, lande
ich sehr oft bei den Jüngern. Ich bin wie die Jünger.


Mal begeistert, mal entgeistert. Manchmal fühle ich mich, als
läge ich direkt am Herz von Jesu und im nächsten Moment höre ich
seine Worte und ich verstehe nichts davon.


Ich möchte verweilen und Hütten bauen, wo ich die Herrlichkeit
Gottes spüre und bin enttäuscht, wenn ich von dort zurück in den
Alltag muss.


Es gibt Momente, in denen ich den Eindruck habe, der Geist öffnet
mir die Augen für tiefe Erkenntnisse und im nächsten Moment holt
mich meine Kleingläubigkeit wieder auf den Boden zurück.


Ich zweifle wie Thomas, bin von mir selbst enttäuscht wie Petrus,
wünsche mir einen zugesicherten Platz in der Ewigkeit wie Jakobus
und Johannes.


Wenn ich mich also im Verhalten der Jünger so gut wiedererkenne,
stellt sich die Frage, ob ich auch etwas von Judas in mir habe.
Eine sehr unangenehme Frage. Während die anderen Jünger, auch
wenn sie Fehler machen, doch im Glauben bleiben und nach der
Auferstehung über sich hinauswachsen, scheitert Judas.


Der Verrat oder die Überlieferung durch Judas erscheint mir so
abgrundtief schlecht, dass ich mich in ihm keinesfalls spiegeln
möchte.


Wofür steht Judas bei mir? Er täuscht die anderen und enttäuscht
sie. Er gehört zum engen Kreis der 12 Jünger – eine Position, die
ich mir wünschen würde – und doch scheint er von dem, was Jesus
lehrt und vorlebt, nicht wirklich im Herz berührt zu sein.


Eine Interpretation für die Gründe von Judas ist, dass er die
Dinge vorantreiben wollte, dass es ihm nicht schnell genug ging,
dass Jesus sich nicht auf die Art durchgesetzt hat, wie sich
Judas das vorgestellt hat und er ihn deshalb zum Handeln zwingen
wollte.


Und da ist er mir plötzlich leider nicht mehr so fern. Wie oft
wünschte ich mir, dass Gott an der einen oder anderen Stelle doch
endlich mal aufräumen würde, dass das Reich Gottes sich mit einem
allmächtigen Knall durchsetzt. Könnte es sein, dass ich hier
meine persönliche Brechstange ansetze, weil ich nicht abwarten
kann?


Erschreckend finde ich die Formulierung in der Bibel, dass der
Satan von Judas Besitz ergriffen hat. Die negative Macht hat sich
seiner bedient. Judas scheint selbst nicht mehr frei in seinen
Entscheidungen gewesen zu sein.


Gibt es nicht so Momente, in denen eine negative Kraft in uns
hervorbricht und wir Dinge sagen oder tun, die uns später
unendlich leidtun?


Es gefällt mir nicht – aber ich finde durchaus Anteile in mir,
die ich mit Judas in Verbindung bringen kann. Gott sei Dank sind
die Anteile, die wie Petrus bekennen: „Du bist der Messias!“ die
mächtigeren Anteile.


Ihre Christine Sommer

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