URAUFFÜHRUNG WOLF

URAUFFÜHRUNG WOLF

4 Minuten

Beschreibung

vor 7 Monaten

Rund um den Heiligen Wolfgang ranken sich etliche Mythen. Unter
anderem soll er den Teufel durch sein Einsiedlertum gereizt
haben. Aber auch die Art und Weise wie er den Ort für seine –
angeblich auch im Alleingang gebaute – Kirche gefunden habe, ist
ungewöhnlich: Sein Beil flog hunderte Meter vom Berg und
markierte die Stelle. Das Ganze hat sich vor mehr als 1.000
Jahren ereignet – man feiert heuer 1.100 Jahre Wolfgang. Vor
allem in Regensburg, wo er als Bischof gewirkt hatte, und: im
Salzkammergut am Wolfgangsee. Dort fand gestern die Uraufführung
von WOLF von Franzobel und Gerd Hermann Ortler statt.


What the Hell is a mystical? Das sind quasi die letzten Worte des
Ensembles am Ende eines ungewöhnlichen Abends? Ja – die Frage
stellt sich auch der Rezensent. Was war das eigentlich?


Halt wir uns an die Fakten: Franzobel hat eine Geschichte über
den Hl. Wolfgang geschrieben. Auch er scheint sich nicht sicher
zu sein, was er hier macht. Poetische Passagen, herrlich
altertümelnde Texte, himmelschreiend platte Witze (Hosanna, wo
samma?), comichafte Einlagen (regnende Speckwürfel und schneiende
Zuckerwatte), seltsame Dialektpassagen, kitschigste Reimereien,
die in jeder Schlagerparade gut aufgehoben wären. Franzobel hat
geschickt den Teufel in den Mittelpunkt seines Librettos gestellt
– er ist der Manipulator, der Lenker, der Verführer – und so viel
darf verraten sein: er wäre auch wieder gern ein Engel…


Nächster Fakt: Die neue Seebühne ist mehr als nur gelungen.
Während sie für das Publikum immer transparent und übersichtlich
erscheint, schafft es Regisseurin Victoria Schubert immer wieder
mit gelungenen Auftritten und Abgängen zu überraschen.


Fakt Nr. 3 – man hat hier ein einzigartiges Ensemble gefunden,
durchwegs höchste Klasse bei den Stimmen. Herausragend Konstantin
Zander als Wolfgang und Kaj Lucke als Teufel. Über die Musik
von Gerd Hermann Ortler am Schluss – save the best for last.


What the Hell is a mystical? Wieder stellt sich die Frage. Warum
muss man krampfhaft drei Weise Frauen auf die Bühne bringen, die
vermeintlich unverständliche Geschehen in die Neuzeit übersetzen?
Warum ist eine der drei Frauen ein Mann? Warum muss man zwischen
Wolfgang und Heinrich eine homosexuelle Beziehung konstruieren
(es sei zu erwähnen: die Darstellung ist mehr als gelungen und
bewegend)? Warum lässt man Klosterschüler mit Kappe und Kapuze
beten?


Es gibt einfach zu viel in diesem Stück. Neben hervorragenden
Ideen – Rom als Wölfin dem Wolfgang gegenüberzustellen, gibt es
Geschmacklosigkeiten wie einen Tanz der Leprakranken (der aber
rein technisch gesehen hervorragend ist). Der Axtwurf von
Wolfgang beendet den ersten Akt, der Teufel hilft im zweiten Teil
massiv mit, dass aus Wolfgang letzten Endes doch ein Heiliger
wird – was er ja stets abgelehnt hatte. Dass Wolfgang dann wie
ein Heiliger Elvis Liberace aussieht, gehört zu den charmanten
Einfällen. Das alles ist viel, sehr viel, das man
verarbeiten muss. 


Nun zur Musik. Gerd Hermann Ortler kann offenbar alles
komponieren. Er scheint sich in diesem Stilmix von Inhalt und
Sprachebenen pudelwohl zu fühlen. Ihm gelingt der Schwenk von
Gregorianik zum 70er-Rock, von Disco zu Minimal Music hin und
retour. Ja – es macht sehr viel Spaß diese Stücke zu hören und
die Stimmen zu genießen. Manchmal kann man über die Einfälle von
Libretto und Regie hinweghören. Manchmal nicht. Am Premierenabend
blieb das Wetter trocken. In der letzten halben Stunde konnte man
den echten Mond hinter der Bühne bewundern. Obwohl das Publikum
teilweise fror. Mit dem letzten Ton ging ein Jubelorkan los. Die
Standing Ovations waren ehrlich und keine Aufwärmübung. Dem
Publikum hat’s gefallen. Bis 22. Juni gibt es neun weitere
Aufführungen. Aber nur noch wenige Restkarten.


Der Ort der Uraufführung war die Salzkammergut Seebühne
Wolfgangsee, die eigens dafür gebaut wurde. Sowohl Bühne als auch
Zuschauerraum für 800 Besucherinnen und Besucher sind überdacht;
gespielt wird bei jedem Wetter. Die Bühne kann man nur per Boot
von St. Wolfgang bei der SchafbergBahn oder Gschwendt erreicht
werden.

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