GS004 - Der Nahostkonflikt

GS004 - Der Nahostkonflikt

Palästina und der innerpalästinensische Bruderkrieg
53 Minuten
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Beschreibung

vor 3 Monaten

In der vierten Folge des Geschichtsschatten-Podcasts wird der
moderne Nahost-Konflikt analysiert. Es werden historische und
politische Faktoren beleuchtet, die zu den aktuellen Spannungen
und Entwicklungen in diesem lang andauernden Konflikt geführt
haben. Besonders wird der interne Konflikt zwischen den
palästinensischen Gruppen Fatah und Hamas hervorgehoben, sowie
deren unterschiedliche Ideologien und Auswirkungen auf die
Beziehung zu Israel. Die Entstehungsgeschichten und Einflüsse aus
dem Ausland werden ebenfalls untersucht, um die gegenwärtigen und
zukünftigen Entwicklungen in der Region besser zu verstehen. Es
wird auch auf die Idee einer Zwei-Staaten-Lösung und die Haltung
der Hamas dazu eingegangen. Die Gründungsgeschichte der Fatah und
ihre Konkurrenz zur PLO werden ebenfalls behandelt, ebenso wie
die Auswirkungen des Junikriegs von 1967 auf die Fatah. Die
Muslimbruderschaft spielte eine entscheidende Rolle in der
Geschichte des Konflikts, insbesondere im Gazastreifen, wo sie
sich im Untergrund gegen die israelische Besatzung engagierte und
finanzielle Unterstützung erhielt. Trotz Herausforderungen konnte
die Bruderschaft ihre Macht gegenüber der Fatah nur begrenzt
ausweiten und verlor an Popularität aufgrund ihrer als altmodisch
empfundenen Ausrichtung. Die Gründung der Hamas fiel in denselben
Monat, in dem die erste Intifada ausbrach, nämlich Dezember 1987.
Die Hamas wurde als militante Organisation gegründet, die den
bewaffneten Kampf gegen die israelische Besatzung unterstützte
und sich durch antisemitische Erklärungen und die Stilisierung
des Aufstands als Heiligen Krieg positionierte. Es kam zu einem
Machtkampf zwischen Hamas und Fatah um die Führungsposition
innerhalb der palästinensischen Bewegung. Trotz Versuchen der
Fatah-PLO, die Hamas in Friedensverhandlungen einzubeziehen,
lehnte die Hamas jede Art von Verhandlungen mit Israel ab und sah
sich als gleichberechtigter oder überlegener Herausforderer, der
sich nicht am Friedensprozess beteiligen wollte, solange sie
nicht auf Augenhöhe mitreden konnte. Die Eskalation des Konflikts
zwischen den beiden Bewegungen setzte sich fort, trotz einer von
beiden Seiten erlassenen Versöhnungserklärung. Die Hamas forderte
die Fatah weiter heraus und präsentierte sich in der
Öffentlichkeit als die wahren Führer des palästinensischen
Kampfes. Nach weiteren Eskalationen versuchten beide Parteien den
Streit zu entschärfen, indem sie eine gemeinsame Erklärung
abgaben, die jedoch scheiterte und zu weiteren bewaffneten
Auseinandersetzungen führte. Die Hamas erweiterte ihre Strategie
zur Torpedierung des Friedensprozesses und fand Unterstützung im
Iran, der sich gegen jede Anerkennung Israels stellte. Die
Zusammenarbeit mit dem Iran beeinflusste auch die Kampfstrategie
der Hamas, die nun Selbstmordanschläge als neue Dimension ihres
Kampfes gegen Israel einführte. Im Jahr 1994 erklärte die Hamas
ihre Bereitschaft zu einem echten Friedensprozess, der den
vollständigen Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten, den
Rückbau der Gesiedlungen und freie palästinensische Wahlen
forderte. Die israelische Reaktion darauf war gemischt, mit
einigen Bereitschaft zu Gesprächen, aber auch mit gezielten
Tötungen von Hamas- und Islamistenführern. Ein gescheitertes
Mossad-Attentat in Jordanien führte zu einem Wendepunkt, als der
jordanische König die Freilassung eines Hamas-Führers forderte
und die Hamas daraufhin Selbstmordattentate stoppte. Es folgte
ein Stillhalteabkommen zwischen Hamas und Fatah, gefolgt von
erfolglosen Verhandlungen zwischen Arafat und Barak im Jahr 2000.
Die zweite Intifada brach aus, nachdem das Gipfeltreffen zwischen
Clinton, Barak und Arafat scheiterte. Ariel Sharon übernahm als
Premierminister und intensivierte die Militärstrategie gegen die
Intifada. Die Hamas schloss sich der Intifada an und führte
blutige Selbstmordattentate durch. Es kam zu einer Eskalation der
Gewalt zwischen den beiden Seiten, die zu einer vorübergehenden
Waffenruhe führte, aber bald wieder in Gewalt ausbrach. Der Tod
von Yassir Arafat führte zu politischen Veränderungen, mit
Mahmoud Abbas als seinem Nachfolger. Abbas versuchte, den
Zusammenbruch der Fatah zu verhindern und Wahlen vorzubereiten,
die zu einer Herausforderung durch die Hamas führten. Die
Parlamentswahlen 2006 waren eindeutig, die Hamas gewann die
absolute Mehrheit. Mit dem Wahlsieg der Hamas im Jahr 2006
erreichte die Organisation ihr Ziel nach einem langen und
blutigen Weg, der von Spannungen zwischen der Hamas und der Fatah
und deren unterschiedlichen Plänen für eine zukünftige
palästinensische Stadt geprägt war. Während die Fatah eine
Zweistaatenlösung anstrebte und auf Verhandlungen mit Israel
setzte, verfolgte die Hamas den Weg einer Einstaatenlösung durch
bewaffneten Widerstand. Diese grundlegenden
Meinungsverschiedenheiten bildeten den Kern des Konflikts
zwischen den beiden Gruppierungen, der den Nahen Osten von 1987
bis 2004 fest im Griff hielt. Die Analyse der
Entstehungsgeschichte beider Bewegungen zeigt jedoch, dass die
Unterschiede zwischen ihnen nicht so extrem sind, wie es auf den
ersten Blick erscheint. Bei genauerer Betrachtung wird deutlich,
dass auch die Hamas Interesse an der Zweistaatenlösung zeigte,
allerdings ohne Israel direkt anzuerkennen. In den blutigen
Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Hamas wird oft
übersehen, dass die Hamas wiederholt zu Waffensstillständen
bereit war, um die Gewalt zu beenden. Beide Bewegungen waren
stark auf den bewaffneten Widerstand fixiert, trotz der
deutlichen Asymmetrie gegenüber dem israelischen Militär. Der
Erfolg der Hamas zeichnete sich bereits Jahre vor ihrem Wahlsieg
ab. Es stellt sich die Frage, warum Israel den Aufstieg der Hamas
und deren letztendliche Machtübernahme duldete. Von 1967 bis 1975
unterstützte Israel finanziell die Muslimbruderschaft und damit
das islamistische palästinensische Milieu, um einen Gegenwicht
zur Fatah und den Kommunisten zu schaffen. Diese Finanzierung
säte die Saat von Hamas und anderen islamischen Bewegungen, die
mit Terrorismus den israelisch-palästinensischen Friedensprozess
untergruben. Dies legt nahe, dass Israel an der Entstehung der
Hamas beteiligt war, auch wenn es nicht direkt deren Gründung
oder die zahlreichen Terroranschläge verantwortete. Vielmehr
konnte Israel das Wachstum der Hamas nicht kontrollieren, trotz
zahlreicher Versuche, sie durch Verhaftungswellen, gezielte
Tötungen oder die Ausschaltung von Führungsfiguren wie Sheikh
Ahmed Yasin zu stoppen. Die Ablehnung der Friedensangebote der
Hamas durch Israel zeigt, dass Israel die Bewegung als
islamistische Terrororganisation sah und unterschätzte deren
Beliebtheit und Rückhalt in der palästinensischen Gesellschaft.
Israel hat die Hamas nie als direkten politischen
Gesprächspartner bei politischen Fragen anerkannt. In der Zeit
nach den Wahlen von 2006 bis zur Gegenwart hat sich an der
komplizierten Beziehung zwischen der Hamas und der israelischen
Regierung wenig geändert. Israel hat sich nicht entschieden, ob
es die Hamas als Terrororganisation oder als eine demokratisch
legitimierte palästinensische politische Organisation sieht. Dies
könnte auf die Befürchtung eines palästinensischen Machtwakums
zurückzuführen sein, das für Israel eine größere Bedrohung
darstellen könnte als die Hamas selbst. Es darf nicht übersehen
werden, dass jede Entscheidung weitreichende Folgen hat und der
Einfluss vieler Staaten auf den Nahen Osten nicht unterschätzt
werden sollte. Der Nahost-Konflikt prägt nicht nur territoriales,
sondern auch religiös-ethnisches Konfliktpotenzial, was am
Beispiel der Hamas deutlich wird und zu unvorhersehbaren
Situationen führen kann.


Vielen Dank fürs Zuhören, ich hoffe, ich konnte ein wenig Licht
ins Dunkel bringen. Wenn euch die Folge gefallen hat oder ihr
Anregungen zum Podcast habt, lasst es mich wissen. Ihr könnt mich
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