#94: Steuerrechtliche Neuerungen 2024 – Wohngemeinnützigkeit und Steuerentlastungen

#94: Steuerrechtliche Neuerungen 2024 – Wohngemeinnützigkeit und Steuerentlastungen

45 Minuten

Beschreibung

vor 5 Monaten
In dieser Episode des Podcasts „Sei doch nicht besteuert“
beleuchten wir die neuesten steuerrechtlichen Änderungen des
Jahressteuergesetzes (JStG) 2024 sowie die geplanten
Steuerentlastungen durch Bundesfinanzminister Christian Lindner.
Ein zentrales Thema dieser Folge ist die Einführung der
Wohngemeinnützigkeit in § 52 der Abgabenordnung (AO). Diese
Regelung sieht steuerliche Begünstigungen für Vermieter vor, die
dauerhaft Wohnraum zu günstigen Preisen anbieten. Dabei geht es
insbesondere um die vergünstigte Vermietung an hilfsbedürftige
Personen. Die Wohngemeinnützigkeit soll durch eine Erweiterung des
Katalogs der gemeinnützigen Zwecke in der AO erreicht werden.
Demnach dürfen die Bezüge der Mieter zu Beginn des
Mietverhältnisses nicht höher sein als das Fünffache des
Regelsatzes der Sozialhilfe, bei Alleinstehenden oder
Alleinerziehenden das Sechsfache. Die Miete muss dauerhaft unter
der marktüblichen Miete liegen und darf lediglich die tatsächlichen
Aufwendungen decken. Gemeinnützige Vermieter sind grundsätzlich von
der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer befreit, was einen
erheblichen finanziellen Vorteil darstellt. Wirtschaftlich
betrachtet erwartet die Bundesregierung, dass etwa 100 Vereine,
Stiftungen oder Unternehmen die neuen Möglichkeiten nutzen werden.
Allerdings bleibt unklar, wie viele neue Wohnungen dadurch
tatsächlich entstehen und welche Auswirkungen dies auf die
Steuereinnahmen haben wird. Kritische Stimmen aus der Wirtschaft
weisen auf hohe Baukosten hin, die die Schaffung neuer, günstig
vermieteter Wohnungen erschweren könnten. Ein Blick ins Ausland
zeigt, dass in Österreich etwa 40 % der Mietwohnungen gefördert
sind. Dort verzichtet der Staat auf Gewinnsteuern, was im Gegenzug
zu regulierten Mietpreisen führt. Ein weiterer Schwerpunkt dieser
Folge sind die geplanten Steuerentlastungen bis 2026.
Bundesfinanzminister Christian Lindner plant Entlastungen in Höhe
von 23 Milliarden Euro. Ein wichtiger Aspekt ist die Erhöhung des
Grundfreibetrags, der rückwirkend zum 1. Januar 2024 um 180 Euro
auf 11.784 Euro steigen soll. Bis 2026 sind weitere Erhöhungen
vorgesehen, was insgesamt zu einer Verringerung der Steuereinnahmen
um etwa 2 Milliarden Euro führen wird. Die Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und das subjektive Nettoprinzip
sind zentrale verfassungsrechtliche Grundlagen, die durch Urteile
des Bundesverfassungsgerichts bestätigt wurden. Demnach muss der
Staat dem Steuerpflichtigen sein Einkommen insoweit steuerfrei
belassen, als es zur Sicherung eines menschenwürdigen Daseins
benötigt wird. Darüber hinaus wird die Kalte Progression abgebaut,
indem die Tarifgrenzen verschoben werden. Der Kinderfreibetrag wird
ebenfalls rückwirkend angepasst und bis 2026 schrittweise erhöht.
Interessanterweise bleibt die Reichensteuer unverändert bei einem
Startwert von 278.000 Euro, was Fragen aufwirft, warum diese Grenze
nicht auch an die Inflation angepasst wird. Die geplanten
Entlastungen sind nicht unumstritten. Besonders SPD und Grüne sehen
die Maßnahmen kritisch und empfinden sie als ungerecht. Die
Anpassungen werden jedoch als notwendig erachtet, um die gestiegene
Steuerbelastung aufgrund der Inflation auszugleichen. Schließlich
wird auch die Diskussion um die Abschaffung des
Solidaritätszuschlags aufgegriffen. Trotz verfassungsrechtlicher
Bedenken bleibt eine vollständige Abschaffung bisher aus.

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15
:
: