Episode 19: Identität jenseits von religiösen und nationalen Etiketten - Persönliche Bindungen statt Herkunft // mit Nadja Bouya
1 Stunde 9 Minuten
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vor 5 Monaten
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"Wenn man jemanden fragt, wo er herkommt, dann akzeptiere doch,
wenn er sagt, ich bin aus Lübeck oder ich bin Franzose oder ich
bin sonst was. Und bohre dann nicht weiter nach." Das sagt Nadja
in der neuesten Episode und bringt eine essenzielle Botschaft
unseres Gesprächs auf den Punkt: die Akzeptanz der
selbstdefinierten Identität ohne Nachhaken oder
Infragestellen.
Nadja ist in Lübeck geboren und aufgewachsen, ihr Vater ist
Muslim und ihre Mutter ist Christin, ihre Muttersprache ist
Deutsch. Sie hat das typisch norddeutsche Leben geführt mit
Traditionen wie Laternenlaufen und Nikolaus. Doch ihr Deutschsein
wurde oft aufgrund ihres Aussehens infrage gestellt.
Sie spricht über die unangenehmen Situationen, die mit der Frage
nach der „wirklichen“ Herkunft verbunden sind. Diese Frage wurde
häufig in unpassenden Momenten gestellt, wie bei
Vorstellungsgesprächen oder Wohnungsbesichtigungen. Sie erzählte
von einer Begebenheit in Heidelberg, wo eine Vermieterin
hartnäckig nach ihren „wirklichen“ Wurzeln fragte, obwohl Nadja
wiederholt betonte, dass sie aus Lübeck stammt.
Im Vergleich dazu schilderte Nadja ihre Erfahrungen in Kanada, wo
sie vor 1,5 Jahren mit ihrer Familie ausgewandert ist, einem
Land, das sich als Mosaik verschiedener Kulturen versteht.
Ihre Familie, die sie liebevoll als „United Nations“ bezeichnet,
spiegelt ihre vielfältigen Wurzeln wider: ein Viertel
palästinensisch, ein Viertel deutsch und halb marokkanisch. Doch
ihre Kinder, die in Frankfurt aufwuchsen und die französische
Staatsbürgerschaft besitzen, identifizieren sich hauptsächlich
als Deutsche und Frankfurter.
Nadja ist eine gläubige Muslima und betont die Bedeutung von
universellen Werten wie Ehrlichkeit, Respekt und
Hilfsbereitschaft, die sowohl im Islam als auch im Christentum
zentral sind. Sie vermittelt diese Werte auch ihren Kindern und
schafft so eine Brücke zwischen den Kulturen und Religionen ihrer
Eltern.
Ein anderes Thema unseres Gesprächs ist, wie stark persönliche
Beziehungen die Übernahme kultureller Identität beeinflussen.
Nadja lernte zum Beispiel Arabisch nicht von ihrem
palästinensischen Vater, sondern von ihrer algerischen
Stiefmutter, zu der sie eine enge Beziehung hatte und sich mit
ihr identifizierte. Diese Erfahrung unterstreicht, dass
kulturelle Identität und Sprachkenntnisse oft mehr durch
persönliche Bindungen als durch biologische Abstammung geprägt
werden.
Besonders bewegend ist Nadjas Geschichte über den Verlust ihrer
leiblichen deutschen Mutter und die Herausforderungen, die dieser
Verlust mit sich brachte. Trotz ihres norddeutschen Aufwachsens
wurde ihr oft das Deutschsein abgesprochen, was sie als besonders
schmerzhaft empfindet, weil es auch die Verbindung zu ihrer
Mutter ist.
Diese Episode zeigt eindrucksvoll, wie Nadjas Erfahrungen und
Einsichten uns daran erinnern, dass Zugehörigkeit und Identität
viel mehr sind als nur nationale oder religiöse Etiketten und wie
wichtig es ist, Menschen in ihrer Gesamtheit zu sehen und ihre
selbstdefinierte Identität zu respektieren.
Mehr über Nadja:
Nadja i
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Musik & Postproduktion:
Joscha Grunewald
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