Spezial: Sommermärchen 2.0 – wird es wieder so, wie es nie war?
An die WM 2006 wird oft als harmlose Deutschland-Party erinnert.
Aber was bleibt im Rückblick von dieser Erzählung? Und was bedeutet
das für die anstehende EM?
44 Minuten
Podcast
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Beschreibung
vor 5 Monaten
Die WM 2006 in Deutschland ging als Sommermärchen in die Geschichte
ein. Die Deutschen überraschten die Welt: Sie spielten ganz anderen
Fußball als zuvor. Sie waren herzlich und gastfreundlich. Und: Sie
waren plötzlich ganz offen stolz auf sich und ihr Land.
Schwarz-Rot-Gold prägte die Fanmeilen, Balkone und Häuserfassaden.
"Die Welt zu Gast bei Freunden" lautete das offizielle Motto des
Turniers – und die Deutschen füllten es mit Leben. Der
unverkrampfte Patriotismus, oft "Partypatriotismus" genannt, gilt
als großes Erbe der Weltmeisterschaft 2006. "Ich habe mich wirklich
sehr gefreut, nicht nur für die Ergebnisse der Mannschaft, sondern
auch für das Land", sagt die französische Journalistin Cécile Calla
in dieser Folge von Was Jetzt. Sie berichtete zu der Zeit aus
Deutschland für französische Medien. Sogar der damalige
UN-Generalsekretär Kofi Annan sagte: "Die Welt hat keine Angst mehr
vor übertriebenem Patriotismus in Deutschland." Doch spätestens mit
der Niederlage im Halbfinale gegen Italien kippte mancherorts die
Stimmung. So erinnert sich der Politologe Richard Gebhardt an das
Turnier. "Das ist die klassische Kritik am Patriotismus, die
stimmt", sagt er, "dass die Liebe zum Eigenen ganz schnell im Falle
der Erfolglosigkeit auch umschlagen kann in den Hass auf andere."
Und der Sozialwissenschaftler und Ex-Fußballer Özgür Özvatan
erinnert sich trotz aller "entspannten Begegnungen" auf der
Berliner Fanmeile auch an die Schattenseite jener Zeit: "Wir haben
ja trotzdem den strukturellen Rassismus gesehen." Unmittelbar vor
der WM hatten in Kassel nach dem Mord an Halit Yozgat Migrantinnen
wegen der Mordserie an migrantischen Menschen demonstriert. Heute
weiß man: Es war der Nationalsozialistische Untergrund (NSU). Gehör
fanden die Angehörigen der Opfer so kurz vor dem Sommermärchen
kaum. Die Deutschland-Party ging los. Ebenfalls vor der WM hatte es
Warnungen vor sogenannten No-go-Areas für Schwarze Menschen
gegeben, die sich auch in Übergriffen während der WM bestätigten.
Nach der WM wurde der NSU enttarnt. Thilo Sarrazin veröffentlichte
seinen Bestseller Deutschland schafft sich ab. Die AfD gründete
sich, zog in den Bundestag ein und ist heute fester Teil der
Parteienlandschaft. Nun, vor dem nächsten großen Turnier in
Deutschland, der Europameisterschaft 2024, die an diesem Freitag
beginnt, stellt sich also die Frage: Wird es ein zweites
Sommermärchen geben? Dafür aber muss geklärt werden, wie man sich
angesichts des Rechtsrucks in Deutschland, in dem eine in Teilen
rechtsextreme Partei Wahlerfolge feiert, heute an diese Zeit
zurückerinnert. In diesem Spezial von Was jetzt? geht Host
Fabian Scheler zurück in den Sommer 2006 und spürt der Stimmung von
damals nach. Er versucht zu verstehen, wie diese Wochen möglich
waren, was von ihnen geblieben ist und wie die Nationalmannschaft
von Kulturkämpfen über Identität und Zugehörigkeit erfasst wurde.
Moderation und Produktion: Fabian Scheler Redaktion: Jannis
Carmesin und Christian Spiller Sounddesign: Joscha Grunewald Alle
Folgen unseres Podcasts finden Sie hier. Fragen, Kritik,
Anregungen? Sie erreichen uns unter wasjetzt@zeit.de.
Weitere Links zur Folge: WM 2006: Jetzt ging's los Unser Ballgefühl
– müssen wir siegen? Können wir gut gelaunt sein? Was die WM 2006
über uns Deutsche verrät. Deutschland, ein Sommermärchen (Der
Spiegel) Patriotismus: Die Nation Studie zur
Fußballweltmeisterschaft: Fußballtaumel und Fremdenfeindlichkeit
(Süddeutsche Zeitung) „Kein 10. Opfer!“ – Kurzfilm über die
Schweigemärsche in Kassel und Dortmund im Mai/Juni 2006 [ANZEIGE]
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finden Sie HIER. [ANZEIGE] Falls Sie uns nicht nur hören,
sondern auch lesen möchten, testen Sie jetzt 4 Wochen kostenlos DIE
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ein. Die Deutschen überraschten die Welt: Sie spielten ganz anderen
Fußball als zuvor. Sie waren herzlich und gastfreundlich. Und: Sie
waren plötzlich ganz offen stolz auf sich und ihr Land.
Schwarz-Rot-Gold prägte die Fanmeilen, Balkone und Häuserfassaden.
"Die Welt zu Gast bei Freunden" lautete das offizielle Motto des
Turniers – und die Deutschen füllten es mit Leben. Der
unverkrampfte Patriotismus, oft "Partypatriotismus" genannt, gilt
als großes Erbe der Weltmeisterschaft 2006. "Ich habe mich wirklich
sehr gefreut, nicht nur für die Ergebnisse der Mannschaft, sondern
auch für das Land", sagt die französische Journalistin Cécile Calla
in dieser Folge von Was Jetzt. Sie berichtete zu der Zeit aus
Deutschland für französische Medien. Sogar der damalige
UN-Generalsekretär Kofi Annan sagte: "Die Welt hat keine Angst mehr
vor übertriebenem Patriotismus in Deutschland." Doch spätestens mit
der Niederlage im Halbfinale gegen Italien kippte mancherorts die
Stimmung. So erinnert sich der Politologe Richard Gebhardt an das
Turnier. "Das ist die klassische Kritik am Patriotismus, die
stimmt", sagt er, "dass die Liebe zum Eigenen ganz schnell im Falle
der Erfolglosigkeit auch umschlagen kann in den Hass auf andere."
Und der Sozialwissenschaftler und Ex-Fußballer Özgür Özvatan
erinnert sich trotz aller "entspannten Begegnungen" auf der
Berliner Fanmeile auch an die Schattenseite jener Zeit: "Wir haben
ja trotzdem den strukturellen Rassismus gesehen." Unmittelbar vor
der WM hatten in Kassel nach dem Mord an Halit Yozgat Migrantinnen
wegen der Mordserie an migrantischen Menschen demonstriert. Heute
weiß man: Es war der Nationalsozialistische Untergrund (NSU). Gehör
fanden die Angehörigen der Opfer so kurz vor dem Sommermärchen
kaum. Die Deutschland-Party ging los. Ebenfalls vor der WM hatte es
Warnungen vor sogenannten No-go-Areas für Schwarze Menschen
gegeben, die sich auch in Übergriffen während der WM bestätigten.
Nach der WM wurde der NSU enttarnt. Thilo Sarrazin veröffentlichte
seinen Bestseller Deutschland schafft sich ab. Die AfD gründete
sich, zog in den Bundestag ein und ist heute fester Teil der
Parteienlandschaft. Nun, vor dem nächsten großen Turnier in
Deutschland, der Europameisterschaft 2024, die an diesem Freitag
beginnt, stellt sich also die Frage: Wird es ein zweites
Sommermärchen geben? Dafür aber muss geklärt werden, wie man sich
angesichts des Rechtsrucks in Deutschland, in dem eine in Teilen
rechtsextreme Partei Wahlerfolge feiert, heute an diese Zeit
zurückerinnert. In diesem Spezial von Was jetzt? geht Host
Fabian Scheler zurück in den Sommer 2006 und spürt der Stimmung von
damals nach. Er versucht zu verstehen, wie diese Wochen möglich
waren, was von ihnen geblieben ist und wie die Nationalmannschaft
von Kulturkämpfen über Identität und Zugehörigkeit erfasst wurde.
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über uns Deutsche verrät. Deutschland, ein Sommermärchen (Der
Spiegel) Patriotismus: Die Nation Studie zur
Fußballweltmeisterschaft: Fußballtaumel und Fremdenfeindlichkeit
(Süddeutsche Zeitung) „Kein 10. Opfer!“ – Kurzfilm über die
Schweigemärsche in Kassel und Dortmund im Mai/Juni 2006 [ANZEIGE]
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