„Wahlen in Europa: Gefährdet der Rechtsruck die europäische Klimapolitik?“ – mit Reinhard Bütikofer und Chantal Kopf

„Wahlen in Europa: Gefährdet der Rechtsruck die europäische Klimapolitik?“ – mit Reinhard Bütikofer und Chantal Kopf

45 Minuten

Beschreibung

vor 5 Monaten

Der Grüne Reinhard Bütikofer, der heute seine dritte Amtszeit im
Europäischen Parlament beendet, argumentiert: „Vor fünf Jahren
hatten wir (..) überall in Europa eine Hochkonjunktur der
politischen Diskussion über Klimapolitik. Damals hatte ‚Fridays
for Future“ unglaublich viele, gerade auch junge Leute
mobilisiert. (..). Das hat sich geändert. (..) Es liegt daran,
dass (..) der Gestaltungsoptimismus, den wir vor fünf Jahren
hatten, (..) unter dem Druck der Pandemie und des russischen
Aggressionskrieges zerbröselt ist. (..) Sicherheit ist wesentlich
zentraler als irgendein Denken über Aufbruch geworden.“ Heute
gehe es um die Frage, „ob in den nächsten fünf Jahren das
Programm heisst: European Green Deal abzufracken oder
weiterzuentwickeln und zu verbinden mit einer aktiven
Industriepolitik.“

Für Chantal Kopf, die für die Grünen im Bundestag ist, gebe es
„wenige politische Führungsfiguren, die in Europa die
Orientierung bieten, wie kommen wir eigentlich aus den Krisen
heraus in eine bessere Zukunft.“ (..) Sie sei aber insgesamt
erleichtert gewesen, „dass der Rechtsrutsch im EP nicht so massiv
ausgefallen ist, wie viele befürchtet hatten.“ 

Für Bütikofer waren die Fehler der Politik und insbesondere 
der Grünen, erstens „dass Deutschland zu sehr immer noch glaubt,
wir lösen das deutsch.“ Dabei gehe es darum, „mit allen darum zu
kämpfen, dass wir es europäisch hinkriegen. Zweitens: (..) Wir
können nicht siegen, wenn der Eindruck entsteht, die Ökologie sei
irgendwie der Feind der Freiheit, dann blockts (..). Der Dritte
Fehler ist, wenn du glaubst, das ökologische Denken habe schon
die Vorherrschaft erobert. (.. Wenn aber) das nicht der Fall ist
(..), dann musst du darüber reden, dass ökologische Politik für
wirtschaftliche Innovation gut ist, für soziale Stabilität, für
nationale Unabhängigkeit“. 

Dazu Kopf: „Wir waren da in der Gesellschaft schon weiter, wenn
wir glaubten, dass Klimapolitik und Wirtschaftspolitik in die
gleiche Richtung laufen. (..) Dass das aber sehr fragil war,
zeigt sich jetzt“, wenn der Gewerkschaftsbund sage:„Klimapolitik
gefährdet Arbeitsplätze und überfordert die Gesellschaft“.

„Im Europäischen Parlament“ gebe es, so Bütikofer weiter, „keine
progressive Mehrheit mehr (..) Wir müssen, wenn wir etwas
gestalten wollen, einen Weg mit der Europäischen Volkspartei
finden. Umgekehrt kann die EVP hypothetisch sagen, dann drehen
wir uns nach rechts (..). Aber der Preis, den sie dafür zahlen
müsste, ist unglaublich hoch, sie würden ihre Seele verkaufen.
Deshalb besteht unter dem antidemokratischen Druck von rechts
eine Chance, dass die demokratischen Fraktionen
Kooperationsmöglichkeiten finden.“

Kann das neue Parlament den Rechtsstaat sichern ? Dazu Bütikofer:
„Wir haben da lange Jahre den falschen Baum angebellt. (..) Es
kann nicht funktionieren, dass man im Rat sagt: Kommission und
Parlament kümmert ihr euch mal um Rechtsstaatlichkeit, und wir
als Merkel-Regierung oder wer auch immer kuscheln mit Herrn Orban
auf der Ratsebene. Und in dem Moment, wo der Rat angefangen hat,
dem Orban zu sagen, wir meinen es ernst, änderte sich da was. Den
Kampf um Rechtsstaatlichkeit kann man nicht nach Brüssel
wegdelegieren.“

Was sind die Lehren für die Grüne Partei ? Diese brauche, so Kopf
„ganz dringend ein Angebot für junge Wähler und Wählerinnnen,
(..weil) die Prioritäten sich verschoben haben und das Thema
Sicherheit (..) für junge Menschen ein wichtiger Teil ihres
Alltags ist“. Und Bütikofer: Wir „haben Leute vor den Kopf
gestoßen (..) bei den Jungwählern, wo wir zwei von drei Stimmen
verloren haben, (..) wo die Leute den Eindruck hatten, die wollen
uns in eine Klimazukunft pressen, die wir gar nicht wollen. (..)
Wann waren wir zum letzten Mal richtig stark in der öffentlichen
Meinung: Als wir fröhlich, einladend, pragmatisch und engagiert
rübergekommen sind. Und was ist im Moment das Image, das uns
schwächt, dass wir binnenfixiert, verbissen und ideologisch
sind.“

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