#214 Verena Kantrowitsch - Soziale Kipppunkte und die Klimakrise

#214 Verena Kantrowitsch - Soziale Kipppunkte und die Klimakrise

50 Minuten

Beschreibung

vor 3 Tagen

Das Klimadilemma hat uns im Griff. Sollen wir in
den Abgrund schauen, deprimiert, erstarrt, nicht mehr
handlungsfähig? Oder sollen wir positiv sprechen, uns ermutigen,
zwar handlungsfähig, aber vielleicht schon wieder so beruhigt,
dass wir auch nichts ändern? Verena Kantrowitsch, Psychologin im
Team von Psychologists4future, erlebt das Dilemma am eigenen
Leib. Im Podcast sagt sie: „Ich habe Phasen, da kann man einfach
nur noch einen Fuß aufstampfen.“ Und dann ist sie doch immer
wieder auf der Suche, Teil der Lösung zu werden. Der Schlüssel
dafür: Verbündete. Niemand verändert etwas allein. 


Michael und Verena sprechen intensiv über das Modell
sozialer Kipppunkte. Was braucht es, um die Normal-Linie
unseres Verhaltens zu verschieben? Keine Mehrheiten, das ist
durch zahllose Studien belegt. Eher relevante Minderheiten, die
sich trauen, in den Dialog zu gehen. Auf zweiten Blick, so
Verena, ist es oft überraschend, welche Gedanken die schweigende
Mehrheit umtreiben. Die laute Traditionsmehrheit würde Schweigen
immer als Zustimmung für sich werten. Häufig genug steckt hinter
dem Schweigen etwas ganz anderes. Nicht jeder hat zu jedem
Zeitpunkt Lust, in Konflikte zu gehen. Verena leitet die
Faustformel ab: Wer sich traut und aufrafft, sich zum Beispiel
für mehr Klimaschutz auszusprechen, wird meist dankbare Schweiger
finden, die heute gerade nicht sprechen wollen. So können auch
kleine Veränderungen große Wirkung entfalten. 


Wie kommen wir nun aber zu einem veränderten Verhalten in
der Gesellschaft? Verena verweist auf die Arbeit von Per
Espen Stokness, ein norwegischer Umweltpsychologe. Der hat
gezeigt, dass wir nicht nur beschäftigt sind als Vater, Mutter,
Partner:in und nicht nur unsere Belastungsgrenzen haben (wie
vielen Krisen will ich mich gleichzeitig aussetzen?). Der Kern,
der uns den Wandel so schwer macht, liegt auf der Ebene der
Identität. Wir sind wer, wir haben es geschafft, was auch immer
„es“ ist. Da geht es dann schnell nicht mehr nur darum, ein
anderes Verkehrsmittel zu wählen, sondern seinen Status zu
ändern, seine Symbole abzulegen,. Was eben noch eine Frage von
Klimaschutz war, wird zu einer Neuerfindung des Ich. Schwierig.
Umso mehr müssen wir sprechen, Normalität etablieren - und
optimistisch bleiben. 


Zu Gast: Verena Kantrowitsch, Psychologin,
Psychologists4future. Das erste Mal war Verena in Folge 109 zu
Gast. 

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