Beschreibung

vor 4 Monaten

„Sehr viel Geduld werden Sie brauchen.“ war einer der ersten
Sätze, die ich von meinen Ärzten vor fast zwei Jahren zu hören
bekam. Doch erst nach einigen Wochen begann ich zu verstehen, was
er wirklich bedeutet. Geduld mit mir selbst. Aber vor allem
Geduld in einer Umwelt, die auf Menschen wie mich nicht
vorbereitet ist. In meiner neuen Langsamkeit, „Unvollkommenheit“
und Belastungseinschränkung, bei den Selbstverständlichkeiten des
Alltags. Licht, Geräusche, Menschen. 


Wir Betroffenen haben die Aufgabe, die Geduld mit uns selbst und
mit allen anderen zu finden, angenommen. Damit die Gesellschaft
Geduld für uns finden kann, benötigen wir jedoch Sichtbarkeit,
Empathie und Unterstützung. 


Mein Jahrestag mit Long Covid wurde zur Geburtsstunde von
„OhneAtemKeinLeben. Long Covid diktiert, Ich schreibe mit.“ Um
das Wenige, was mir aus meinem alten Leben geblieben ist oder ich
mir mühsam zurückerkämpfen konnte, zumindest noch sinnvoll zu
nutzen. Impulse geben, um das Außen für unser Innen und das
Leben, mit diesem unsichtbaren Feind im Körper, zu
sensibilisieren. Einen Raum zu schaffen, für andere Erkrankte als
Spiegel und Bestätigung der Wahrhaftigkeit im eigenen Erleben,
das leider viel zu oft noch auf Unglauben stößt, und für
NichtBetroffene. Um Bewusstsein und einen erfühlbaren Einblick in
einige Aspekte von Long Covid zu erwirken. Zu transportieren,
wieviel Geduld der Kampf gegen diese Erkrankung, jeden Tag von
Betroffenen einfordert.


Wir brauchen momentan Vieles, auf sehr unterschiedlichen Ebenen,
und gleichzeitig Nichts, das jedoch im richtigen Moment Alles für
uns sein kein. Menschlichkeit, Verständnis und vor Allem
Verstehen. In einem Lebenskapitel dessen Umfang wir nicht kennen,
in dem sich Absätze oder ganze Seiten wiederholen. Weitere
hinzukommen. Löschen. Erneut beginnen. Ein Kapitel, das wir
täglich durchleben, ohne die Möglichkeit es einfach zu
überspringen, weil wir die Geduld verlieren. Wir MÜSSEN
durchhalten. Für uns selbst. Für die Menschen, die uns lieben.
Die wenigen, die übrigblieben. Immer in der Hoffnung auf der
letzten Seite als letztes Wort dieses eine Wort zu lesen.
Geheilt. 


Auch ich bin noch nicht gesund. Aber ich kämpfe. Und heile. Im
Innen, im Außen. Langsam. Geduldig. Im Akzeptieren des
Geschehens. Buch zuklappen? Keine Chance. Ich möchte doch wissen,
was auf der letzten Seite steht …

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