"Amor und Psyche" (Apuleius) (Teil 1)

"Amor und Psyche" (Apuleius) (Teil 1)

Ein Kunstmärchen aus dem 2. Jahrhundert n. Chr.
57 Minuten
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Hochwertige Literatur, vorgelesen von professionellen Sprecherinnen und Sprechern

Beschreibung

vor 4 Monaten

Heute mal ein Märchen, ein für die Literatur- und Kunstgeschichte
sehr bedeutendes Kunstmärchen. Rodin und viele andere bildende
Künstler nahmen die Geschichte zum Anlass für Skulpturen, die
immer das Gleiche zeigen: Amor und Psyche, nackt, eng
umschlungen. Warum ist die Geschichte unter Künstlern so berühmt
geworden? Was ist hier los?


Psyche ist eine Königstochter. Überirdisch schön, wie sie ist,
wird sie verehrt wie eine Göttin. Das bekommt Venus mit, die
eigentliche, stets kultisch verehrte römische Göttin der
Schönheit und der Liebe. Statt wie üblich zu ihr, pilgern die
Menschen nun zur schönen Psyche. Das kann sie nicht auf sich
sitzen lassen, diese Konkurrenz ist unerträglich, und neidisch,
wie sie ist, fordert sie ihren Sohn Amor/Kupido auf, Psyche durch
die Liebe zu dem „niedrigsten der Menschen“ zu vernichten. Es
sollte eine üble Verkupplung werden, doch es wird ein Drama. Und
was für eins!?


Das von Apuleius im 2. Jahrhundert n. Chr. verfasste Werk ist
unglaublich vielschichtig. Da ist die hochgradig psychosexuell
geprägte Geschichte rund um weibliche Individuation und
Sexualität, um Liebesgewinn und -verlust, schwesterlichen Neid
und existenzielle Verwandlung. Zugleich ist es ein Text, der um
Auflösungen kreist: Auflösungen von Familienbanden, einstigen
Beziehungen, Regeln, Tabus, vertrautem Ich-Gefühl. Und natürlich
ist es eine Paargeschichte. Doch was für ein merkwürdiges Paar
ist das?! Psyche, die Wunderschöne, und Amor, der Liebesgott, der
im mütterlichen Auftrag unterwegs ist, um ebendiese Psyche zu
vernichten. Er verliebt sich, macht sie „zur Gattin“, wie es
heißt. Und sie? Sie schläft mit jemandem, den sie nie sieht, nur
spürt … Aus dem ersten Gefühl der Fremdheit wird Gewohnheit, dann
Gefallen.


Das Geschehen zielt auf eine zentrale, hochsymbolische Szene und
diese enthält ganz spezielle Elemente: eine Lampe, Öl, ein Messer
und einen Pfeil, der ja neben dem berühmten Bogen zu Amors
üblichen Accessoires gehört. Dieser Pfeil trifft Psyche ins Herz
– metaphorisch gesprochen. Sie hatte Amor schlafend und in seiner
ganzen Schönheit kurz zuvor mithilfe des Lampenlichts erstmals
gesehen, und als sie sich an der Pfeilspitze, an der sie
herumfummelt, verletzt, fließt Blut. „Von nun an liebt sie Amor“,
lesen und hören wir. Doch das darf nicht sein. Ab jetzt nimmt die
Geschichte eine erneute Wendung. Es ist ja schließlich ein vom
Orakel prophezeites Geschehen, ein Schicksal! Das Ganze ist –
typisch für Märchen – sehr wendungs- und ereignisreich. „Amor und
Psyche“ ist ein Meisterwerk antiker Literatur und noch heute
wirkungsvoll. Mehr davon in Teil 2. – Es liest Susanne Schroeder.

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