Im Gespräch mit ... Andreas Schulte
1 Stunde 26 Minuten
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vor 5 Monaten
Von Bertolt Brecht stammt die sonderbare Verszeile: »Was sind das
für Zeiten, wo /Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist /
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!«. Stand
dies Gedicht unter dem Titel An die Nachgeborenen, so mutet es
sonderbar an, dass das Gespräch mit einem Forstwirt, genauer:
einem Dr. forest., bei dem es wirklich nur um Bäume geht (vulgo:
die Nachhaltigkeit), gleich ins Politische ausgreifen muss. Dass
dem dennoch so ist, hat damit zu tun, dass die grüne
Nachhaltigkeitsideologie sich längst in die Abgründen der
politischen Romantik hinein verirrt hat – und ein zunehmend
paternalistisches, autoritäres Staatsverständnis an den Tag legt.
Von daher verwundert es nicht, dass Andreas Schulte, ein
Urgrüner, der lange Zeit in der Entwicklungshilfe tätig war,
wenig Positives zur zeitgemäßen Nachhaltigkeitsideologie zu sagen
hat – nicht zuletzt, weil ihr Zeithorizont dem politischen
Situationismus geopfert worden ist. Oder wie Schulte dies in ein
Motto übersetzt hat:
If Ideology is master,
you reach disaster faster!
Nach Aufenthalten in Bolivien und Indonesien, wo er die forst-
und holzwirtschaftliche Fakultät an der Mulawarman
University aufbaute, folgte Schulte dem Ruf der Universität
Münster und übernahm ab 2003 den Lehrstuhl für Waldökologie,
Forst- und Holzwirtschaft. Parallel bautet er das Start-Up
Wald-Consult Ltd. auf, das internationale Anlegern dabei
unterstützt, auf ähnlich nachhaltige Art und Weise zu
investieren, wie es bereits Jakob Fugger im späten Mittelalter
gelungen ist. Mag dessen gigantisches Vermögen im Laufe der
Jahrhunderte den Zeitläuften zum Opfer gefallen sei, so erfreuen
sich die Bewohner der Fuggerei noch heute der Früchte dieser
Weitsicht (zum Preis einer Jahreskaltmiete von 0,88 € und täglich
drei Gebeten). In diesem Sinn ist Nachhaltigkeit kein leeres
Wort – geschweige denn, ein ideologischer Prügel, den man nach
Belieben gegen seine politischen Feinde einsetzt. Vielmehr ist
daran die Ermahnung geknüpft, dass der Wald eine hochkomplexe
Kulturlandschaft ist, in der Ökonomie, Ökologie und die eigene
Lebenspraxis in ein generationsübergreifendes Gleichgewicht
übersetzt werden muss.
Hier der Link zu Andreas Schultes Cum Tempore-Website
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