#77 Und jetzt zeigst du uns, wie Sterben geht

#77 Und jetzt zeigst du uns, wie Sterben geht

51 Minuten
Podcast
Podcaster
Der 60+ Podcast für Menschen in der dritten Lebensphase

Beschreibung

vor 5 Monaten

Willkommen zu einer neuen Folge des Podcasts „Gelassen älter
werden“, in dem wir heute ein besonders sensibles und bewegendes
Thema ansprechen: das Sterben. Unsere heutige Gästin ist Julia
Kalenberg, die Autorin des Buches „Und jetzt zeigst du uns, wie
Sterben geht“. 
In ihrem Buch erzählt Julia die bewegende Geschichte ihres
Vaters, dessen letzte Monate und die tiefen Einblicke, die sie
daraus gewonnen hat. Gemeinsam mit Julia reflektieren wir über
die Bedeutung, offen über den Tod zu sprechen und wie dies unser
Leben bereichern kann.





Inspiration für das Buch


Julia berichtet, dass der Tod ihres Vaters im Frühjahr 2020 sie
dazu inspiriert hat, dieses Buch zu schreiben. In den offenen
Gesprächen mit anderen Menschen über Tod und Sterben fand sie den
Mut, sich den schwierigen Momenten zu stellen, anstatt
wegzuschauen. Eine wichtige Rolle spielte auch eine Begegnung auf
dem Jakobsweg, wo eine Mitpilgerin sie ermutigte, ihre
Erfahrungen aufzuschreiben.



Der Titel des Buches


Der Titel „Und jetzt zeigst du uns, wie Sterben geht“ entstand
aus einer tiefen Erkenntnis. Julia reflektiert, wie ihr Vater sie
und ihre Geschwister durchs Leben begleitet hat und nun auch im
Sterben ein Vorbild für sie war. Der Verlag war von diesem
authentischen und bedeutungsvollen Titel ebenfalls sofort
überzeugt.



Die letzten Monate mit dem Vater


Julia beschreibt die letzten Monate mit ihrem Vater als eine Zeit
voller Emotionen und bedeutungsvoller Momente. Trotz der
anfänglichen Schockdiagnose Lungenkrebs konnten sie diese Zeit
aktiv gestalten und durch Gespräche und Tagebuchaufzeichnungen
die Erlebnisse verarbeiten. Besonders wertvoll war, dass sie
aufgrund der Pandemie-Situation ihren Vater im Krankenhaus
besuchen durfte.



Abschiedsnachrichten


Eine besondere Idee ihres Vaters war es, sich noch zu Lebzeiten
von Freunden und Bekannten zu verabschieden. Julia und ihr Bruder
sammelten Nachrichten, die ihrem Vater vorgelesen wurden. Dies
ermöglichte einen bewussten und liebevollen Abschied, auch wenn
es am Ende für ihren Vater zu viel wurde und sie dies
entsprechend dosierten.



Gestaltung der letzten Zeit


Eine intensive Erfahrung war die gemeinsame Übung zur
„gewünschten Zukunft“, die Julia mit ihrer Familie durchführte.
Dabei stellten sie sich vor, wie sie auf die letzte Zeit mit
ihrem Vater zurückblicken und wofür sie dankbar sein würden.
Diese Übung half ihnen, ihre Bedürfnisse auszudrücken und die
verbleibende Zeit bewusst und wertschätzend zu gestalten.



Persönliches Wachstum und Erkenntnisse


Julia betont, dass die Auseinandersetzung mit dem Tod und Sterben
sie tief geprägt und in ihrem persönlichen Wachstum enorm
weitergebracht hat. Sie hat gelernt, wie wichtig es ist, offen
über diese Themen zu sprechen und sich aktiv einzubringen, um die
Zeit des Abschieds sinnvoll zu gestalten.



Hoffnung im Abschied


In ihrem Buch beschreibt Julia, wie sich die Hoffnung im Laufe
der Zeit verändert hat. Anfangs war die Hoffnung, dass ihr Vater
gesund wird, doch schließlich wich diese einer Zuversicht, dass
sie die letzte Zeit gemeinsam gut gestalten können.



Zusammenführung von Beruf und persönlichem
Erleben


Julia plant, ihre Erfahrungen und ihre berufliche Expertise als
Leadership-Trainerin und Coach zusammenzubringen, um Unternehmen
dabei zu unterstützen, Räume zu schaffen, in denen offen über
Tod, Sterben und Verletzlichkeit gesprochen werden kann. Sie ist
überzeugt, dass dies zu einem besseren Miteinander und einer
tieferen Verbindung innerhalb von Teams führen kann.



Zusammenfassung der wichtigsten Learnings:



Offenheit im Gespräch: Der Mut, offen über Tod
und Sterben zu sprechen, kann helfen, die Zeit des Abschieds
aktiv zu gestalten.


Bedeutung der Gemeinschaft: Die Einbindung von
Familie und Freunden kann den Abschied erleichtern und für
wertvolle gemeinsame Erinnerungen sorgen.


Gestaltungsspielräume nutzen: Auch in
schwierigen Zeiten gibt es Möglichkeiten, den Prozess
mitzugestalten und eigene Bedürfnisse einzubringen.


Hoffnung und Zuversicht: Die Hoffnung kann
sich wandeln, von der Genesung zur Zuversicht, die letzte Zeit
gut miteinander zu verbringen.


Verbindung von Beruf und Privatleben:
Erfahrungen aus dem persönlichen Erleben können in den
beruflichen Kontext eingebracht werden, um eine tiefe,
empathische Zusammenarbeit zu fördern.


Selbstwirksamkeit und Wachstum: Die aktive
Auseinandersetzung mit dem Thema Tod kann zu persönlichem
Wachstum und einer gestärkten Selbstwirksamkeit führen.



Wir danken Julia Kalenberg herzlich für ihre Offenheit und die
tiefen Einblicke in ihre Erfahrungen. Ihr Buch „Und jetzt zeigst
du uns, wie Sterben geht“ ist ein wertvoller Beitrag, um das
Thema Sterben in unserer Gesellschaft aus der Tabuzone zu holen
und offen darüber zu sprechen.



Abschließend möchten wir unsere Hörerinnen und Hörer ermutigen,
sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen und die Zeit, die uns
bleibt, bewusst und wertschätzend zu gestalten.





Die Methode „Gewünschte Zukunft“


Im Gespräch schildert Julia Kalenberg eine bemerkenswerte
Methode, die sie gemeinsam mit ihrer Familie angewandt hat, um
die letzte Zeit mit ihrem Vater bewusst und positiv zu gestalten.
Diese Methode nennt sich „gewünschte Zukunft“ und ist ein Konzept
aus der lösungsfokussierten Therapie und dem Coaching. Sie hilft,
sich auf positive Aspekte und Möglichkeiten zu konzentrieren,
anstatt sich in Defiziten und negativen Gefühlen zu verlieren.
Hier ist eine detaillierte Beschreibung dieser Methode, wie sie
von Julia und ihrer Familie angewendet wurde:



Die Methode Schritt für Schritt
Einführung und Erklärung:

Julia erklärte ihrer Familie die Idee der „gewünschten
Zukunft“, inspiriert von einem lösungsfokussierten Kollegen.

Die Familie setzte sich zusammen und stellte sich vor, wie
sie am Ende des Lebens ihres Vaters zurückblicken würden.

Erstellung eines Plakats:

Julia klebte vier Blätter Papier zusammen, um eine große
Fläche zu schaffen, die als visuelles Hilfsmittel diente.

In die Mitte des Plakats schrieben sie den Titel „Letzte
schönste Zeit“ – ein positiver und hoffnungsvoller Name für die
verbleibende gemeinsame Zeit.

Reflexion und Austausch:

Jeder in der Familie durfte auf das Plakat schreiben. Sie
beantworteten Fragen wie:

Wofür sind wir dankbar?

Welche Stärken haben uns geholfen?

Wie haben wir die Zeit miteinander gestaltet?



Diese Übung ermöglichte es jedem, seine Wünsche und
Bedürfnisse auszudrücken, ohne direkt auf Konfrontation zu gehen.

Einbindung des Vaters:

Julia brachte das Plakat ins Krankenhaus zu ihrem Vater und
fragte ihn, ob er etwas hinzufügen möchte.

Ihr Vater fügte das Wort „Frieden“ hinzu, was für ihn von
zentraler Bedeutung war.

Erweiterung auf die erweiterte Familie:

Am nächsten Tag oder übernächsten Tag wurden die Ehepartner
und Kinder hinzugezogen, die ebenfalls auf das Plakat schreiben
durften.

Dies förderte ein Gefühl der Gemeinschaft und Verbundenheit
über den engsten Familienkreis hinaus.

Aktive Gestaltung der Zeit:

Die Familie nutzte die Erkenntnisse aus der „gewünschten
Zukunft“-Übung, um die letzte Zeit mit dem Vater aktiv und
bewusst zu gestalten.

Sie organisierten zum Beispiel, dass Freunde
Abschiedsnachrichten schicken konnten und versuchten, möglichst
viel Zeit miteinander zu verbringen.



Vorteile der Methode



Förderung der Kommunikation: Diese Methode
half der Familie, offen über ihre Wünsche und Bedürfnisse zu
sprechen, ohne direkte Konfrontation.


Fokus auf das Positive: Indem sie sich auf
positive Aspekte konzentrierten, konnten sie die schwere Zeit
mit Hoffnung und Zuversicht füllen.


Gemeinsame Gestaltung: Die aktive Einbindung
aller Familienmitglieder schuf ein Gefühl der Gemeinschaft und
der gemeinsamen Verantwortung.


Bewältigung der Trauer: Das bewusste Gestalten
der letzten gemeinsamen Zeit half der Familie, die Trauer
besser zu bewältigen und Frieden zu finden.



Anwendung im Alltag und Beruf


Julia ist überzeugt davon, dass diese Methode nicht nur in der
Sterbebegleitung wertvoll ist, sondern auch im beruflichen Umfeld
große Vorteile bringen kann. Sie untersucht, wie Teams und
Organisationen von der Anwendung der „gewünschten
Zukunft“-Methode profitieren können, um über schwierige Themen
wie Tod und Trauer zu sprechen. Sie glaubt, dass ein offener
Umgang mit diesen Themen zu einem besseren Miteinander und einer
tieferen Verbindung innerhalb von Teams führen kann.


Die Methode „gewünschte Zukunft“ zeigt eindrucksvoll, wie wichtig
es ist, sich aktiv mit schwierigen Themen auseinanderzusetzen und
gemeinsam nach positiven Lösungen zu suchen. Julia Kalenbergs
Erfahrung und ihr Buch sind inspirierende Beispiele dafür, wie
diese Methode Menschen helfen kann, schwierige Zeiten zu meistern
und dabei inneren Frieden und Gemeinschaft zu finden.

Hier geht es zur Homepage von Julia:
https://www.juliakalenberg.ch/

Julia Kalenberg bietet Lesungen und Workshops zu ihrem Buch auf
für Unternehmen an.

Hier sind zwei Hinweise auf weitere Folgen, die sich mit den
Themen Trauer, Abschied, Vergänglichkeit und selbstbestimmtes
Sterben befassen:

Mit Dr. Ina Schmidt:
https://gelassen-aelter-werden.de/ueber-die-vergaenglichkeit/


Mit Christine Kempkes:
https://gelassen-aelter-werden.de/trauer-kennt-kein-alter/

Mit Suzann Viola Renninger:
https://gelassen-aelter-werden.de/35-selbstbestimmt-sterben-gerade-auch-im-alter/


Eine Bitte an unsere Hörerinnen und Hörer:

Wir freuen uns über eine Bewertung unseres Podcasts. Holt für uns
die 5 Sterne vom Himmel und schreibt gerne, was euch besonders
gefällt.

Das schenkt noch mehr Menschen unsere Inhalte, da es durch das
bessere Ranking öfter vorgeschlagen wird. Herzlichen Dank.

Für mehr Informationen zum Thema "gelassen älter werden" gibt es
auf unserer Homepage ein Magazin zum Lesen. Hier der Link:
https://gelassen-aelter-werden.de/magazin-gelassen-aelter-werden/


Die Musik im Intro und Outro ist von Stefan Kissel und wurde von
Nico Lange gesprochen.

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