Beschreibung

vor 3 Monaten

Dass Sarah Niecke Künstlerin geworden ist, kam ziemlich zufällig.
So zufällig, dass es eigentlich gar kein zufälliger Zufall
gewesen sein kann. Ihr Weg begann mit viel Widerstand, als
sogenannte schwierige Schülerin. Keiner konnte mir wirklich
erklären, warum ich tun soll, was ich tun sollte, sagt sie. Bis
heute hinterfragt sie die Dinge und übernimmt nicht einfach, was
die rationale Effizienzlogik diktiert.


Bis sie ihren Weg zum Kunststudium gefunden hat, waren aber erst
noch verschiedene Ausbildungen (wie zB. zur Karosseriebauerin)
und das Ausleben einiger innerer Widerständigkeiten nötig. Das
hat sich gelohnt, denn ihre Kunstwerke sind enorm ausdrucksstark,
auf skurrile Weise ästhetisch und erscheinen oft wie nicht von
dieser Welt.


Die wundersamen Bilder und Videos, die sich zum Beispiel in der
preisgekrönten Arbeit "alphazero vs. alphazero" finden, wirken
wie ein Märchen aus der Zukunft, strahlen weibliche Stärke und
einen ironisch-philosophischen Blick auf das Leben aus. Sie
erzählt, wie sie ihre Vorstellung von einer KI, die in einem
trostlosen Raum immer wieder gegen sich selbst antritt, um sich
zu trainieren, inspiriert hat. Und wie sie genau dieses Szenario
sogar selbst in der analogen Welt ausprobiert hat.


In ihren Video- und Fotoarbeiten spielt auch ihr eigener Körper
oft eine zentrale Rolle. Dabei empfindet sie dieses körperliche
Ausprobieren, nicht als zur Schaustellung, sondern eher als
Forschungsgebiet, auf das sie neugierig ist. Für sie ist der
Ausdruck über Worte viel intimer und tiefgehender.


Obwohl sie schon einige Kunst-Preise abgeräumt hat, arbeitet sie
in der Betreuung von jungen Wohnungslosen als Sozialpädagogin.
Sie betont, wie genervt sie davon ist, wenn KünstlerInnen meinen,
mit ihrer Kunst Menschen aus ihrem Elend retten zu können. Das
ist einfach Quatsch, sagt sie, denn aus Erfahrung weiß sie, wie
weit weg das Privileg der künstlerischen Arbeit von der
Lebensrealität sozial benachteiligter Menschen ist.


Ein solcher Job in Vollzeit kann einem auch schon mal "die Schuhe
ausziehen" erzählt sie und spricht ganz offen von ihrer
Burn-Out-Phase. Gemeinsam entdecken wir, wie unterschiedlich sich
diese für uns darstellen und anfühlen können. Denn antriebslos
war sie auch in dieser Zeit nie, obwohl das ja die klassische
stereotypisierte Wahrnehmung von Depressionen ist. Sie erklärt
ihre ganz spezielle Art, mit den Tiefphasen des Lebens umzugehen
und wir fragen uns, wie sie ihre Strategie, die eigentlich gar
keine explizite Strategie ist, unbewusst entwickelt hat.


Dass gesellschaftlich gesehen, alles eine gewisse Effizienz
nachweisen muss, beobachtet sie schon lange, ohne es selbst in
ihr Leben integrieren zu wollen. Deshalb diskutieren wir immer
wieder über die große Frage, ob die Fluidität von allem nicht
doch viel sinnhafter ist als eine erzwungene Starrheit oder
lineare Richtung. Und natürlich gibt es auch in Sarah's Leben
Alltagssituationen, in denen sie das, was im Inneren vorgeht,
erst mal zurückdrängen muss. In Gespräch gibt sie preis, wie sie
das für sich selbst ausgleicht und sie sogar tiefste Tiefphasen
auf eine fast genussvolle Art durchleiden kann.


Hört unbedingt rein, denn Sarah spricht völlig locker-flockig und
unerschrocken über hoch philosophische Themen und ihre spannende,
bisherige Lebensgeschichte.

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