Forschung praktisch: Warum ist traumasensibles Training so wichtig?

Forschung praktisch: Warum ist traumasensibles Training so wichtig?

8 Minuten

Beschreibung

vor 4 Monaten

Langzeitstress und Gewalterfahrungen durch Klient*innen sind für
Mitarbeitende psychosozialer Berufe leider meist keine
Seltenheit. In diesem Video aus unserer Reihe "Forschung
praktisch" stellen wir dir eine Studie vor, die untersucht, wie
sich traumaspezifische Fortbildungen darauf auswirken können.


Untersucht wurde der Zusammenhang zwischen traumasensiblen
Training, dem Langzeitstress und körperlichen Gewalterfahrungen
von Mitarbeitenden in psychosozialen Berufen.


Methode:


47 Teilnehmenden, Mitarbeitende aus ingesamt 14 unterschiedlichen
Institutionen aus der deutschsprachigen Schweiz. Die meisten
Teilnehmenden waren Sozialpädagog*innen.


In den Institutionen wurden hauptsächlich Kinder, Jugendliche
& junge Erwachsene (im Alter von 7-25 Jahren) betreut. 80%
dieser Klient*innen berichteten über traumatische
Lebensereignisse in der Kindheit im Childhood Trauma
Questionnaire (CTQ) und 76% erreichten den klinischen Grenzwert
in der „Child behaviour checklist“ (CBCL Total Score). Über 1/3
hatten ein Vorstrafenregister oder Anzeichen von schweren
Defiziten im Sozialverhalten. 


In manchen Institutionen hat man die Mitarbeitenden 3 Jahre lang
im traumasensiblen Umgang geschult (Gruppe 1), in den restlichen
Institutionen hat man keine traumaspezifischen Fortbildungen
durchgeführt (Gruppe 2).


Das traumasensible Training beinhaltete:


Spezielle Fallsupervisionen (min. 1x pro Monat), in denen
Interaktionen analysiert werden. Fokus auf Sicherheit,
Selbstwirksamkeit und Stressreduktion der Mitarbeitenden

Psychoedukation über den Zusammenhang von traumatischen
Lebensereignissen und Problemen mit der Emotionsregulation,
Dissoziationen und Selbstwirksamkeit

min. 1x pro Monat 1 zu 1 Situationen mit Klient*innen mit
Fokus auf positive Interaktionen und Resilienz

8 Fortbildungen über den traumasensiblen Umgang mit
Klient*innen, die jeweils 2,5 Tage dauerten



Messungen beider Gruppen:


4 Messzeitpunkte mit jeweiligem Abstand von 1 Jahr

Messung des Langzeitsstresses (Cortisol-Level in den Haaren)

Befragung der Mitarbeitenden bzgl. körperlicher Gewalt durch
Klient*innen



Ergebnisse:


Die Forscher fanden zum 4. Messzeitpunkt einen signifikanten
Gruppenunterschied bzgl. des Cortisol-Levels. Die traumageschulte
Gruppe 1 wies einen geringeren Langzeitstress als Gruppe 2 auf.


Zum 4. Zeitpunkt wurde auch ein signifikanter Gruppenunterschied
für die körperlichen Gewalterfahrungen durch Klient*innen
entdeckt. Gruppe 1 gab keine Gewalterfahrungen an, während in
Gruppe 2 noch 24% der Mitarbeitenden Gewalterfahrungen
berichteten.


Fazit:


Nach dem 3-jährigen traumasensiblen Training ist sowohl der
Langzeitstress der Mitarbeitenden, als auch die Aggressivität der
Klient*innen in Gruppe 1 signifikant gesunken.


Quelle:


Schmid, M., Lüdtke, J., Dolitzsch, C., Fischer, S., Eckert, A.,
& Fegert, J. M. (2020). Effect of trauma-informed care on
hair cortisol concentration in youth welfare staff and client
physical aggression towards staff: results of a longitudinal
study. BMC public health, 20(1), 1-11.


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