Ist das deutsche Wahlrecht gerecht?

Ist das deutsche Wahlrecht gerecht?

Das Bundesverfassungsgericht hat die Wahlrechtsreform der Ampel weitgehend gebilligt. Ist die Demokratie jetzt gut aufgestellt?
1 Stunde 5 Minuten

Beschreibung

vor 3 Monaten
Die Ampel hatte beschlossen, dass der Bundestag nicht mehr als 630
Mitglieder haben soll. Das Parlament war wegen Überhangs- und
Ausgleichsmandaten immer größer geworden. Nun sollen nicht mehr
alle, die einen Wahlkreis direkt gewonnen haben, in den Bundestag
kommen. Weil das Parlament sonst immer eben weiter wächst. Das
Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass dies im Prinzip in
Ordnung geht, aber mit einer Ausnahme. Die Regel, dass eine Partei,
die weniger als 5 Prozent hat, aber drei Direktmandate errungen
hat, bleibt erst mal. Das wollten CSU und Linkspartei, die in
Karlsruhe geklagt hatten. Ist das jetzt das gute Ende des endlosen,
immer wieder gescheiterten Versuchs, das Wahlrecht
realitätstauglich zu machen? Oder gibt es jetzt Wahlkreise erster
und zweiter Klasse - nämlich solche mit einem direkt gewählten
Parlamentarier und solche ohne direkt gewählten? Die Alternative
wäre gewesen, die Zahl der 299 Wahlkreise zu verkleinern. Auch das
hätte einen Preis gehabt – sehr große Wahlkreise auf dem Land. Die
ergebnislosen Debatten um die Wahlrechtsreformen haben den fatalen
Eindruck geschürt, dass die Politik noch nicht mal in der Lage ist,
ihre eigenen Sachen zu regeln. Wie sollen die dann komplexe
Probleme wie Klimapolitik lösen? Die Politik kann nach diesem
Urteil einen neuen Weg gehen - die Fünf-Prozent-Hürde reduzieren.
2013 fielen mehr als 15 Prozent der abgegebenen Stimmen unter den
Tisch. Wenn es immer mehr Parteien gibt, drohen relevante Teil der
Wählerschaft nicht mehr repräsentiert zu werden. Ist die
5-Prozent-Hürde in einem System mit sechs oder sieben Parteien noch
demokratisch? Das Gegenargument lautet, man müsse eine
Zersplitterung des Bundestages verhindern. Ist der Begriff
Zersplitterung noch up to date? Oder altbundesrepublikanisches
Stabilitätsdenken? Schließlich fragt sich, ob und wie man das
Bundesverfassungsgericht vor Einfluss der AfD schützen kann. In
Polen, USA und Israel sind die Verfassungsgerichte politische
Kampfarenen geworden. Der Impuls, die unabhängigen Gerichte vor den
Rechten zu schützen, ist naheliegend. Aber taugen
Verfassungsgerichte als demokratische Bastionen gegen rechts?
Darüber diskutiert im aktuellen Bundestalk Stefan Reinecke mit
Sabine am Orde, Christian Rath und Christian Jakob.

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