Boomtown Belgrad - Schattenseiten schneller Prosperität

Boomtown Belgrad - Schattenseiten schneller Prosperität

22 Minuten

Beschreibung

vor 3 Monaten
Belgrad sei irgendetwas zwischen Party-Metropole und Gotham-City,
so formuliert es der Investigativ-Journalist Sasa Dragojlo in einer
Analyse über die serbische Hauptstadt, in der er lebt und
aufgewachsen ist. Tatsächlich steigen die Touristen-Zahlen stetig,
und als "Stadt der Kräne" wird Belgrad oft bezeichnet wegen der
Unzahl an Baustellen, allen voran die inzwischen halb
fertiggestellte Belgrade Waterfront, das größte Bauprojekt
Südosteuropas, für das ein kompletter Stadtteil dem Erdboden
gleichgemacht wurde. Doch für wen wird da eigentlich gebaut? Das
Durchschnittseinkommen in Belgrad liegt unter 700 Euro, und alleine
seit 2020 sind die Immobilienpreise im Zentrum um 20 Prozent
gestiegen auf durchschnittlich 2200 € pro Quadratmeter. Durch hohe
Lebenshaltungskosten gehört Belgrad laut einer Studie zu den
Städten in Europa, die am wenigsten bezahlbar sind für ihre
Bewohner. Immer weniger Einheimische können sich das Leben in der
Hauptstadt leisten, nicht wenige landen auf der Straße:
Obdachlosigkeit ist ein großes und sichtbares Problem.Und: Fast 90
Prozent der Immobilien im Zentrum wechseln für Cash den Besitzer,
Geldwäsche ist damit Tor und Tür geöffnet. Seit dem Kriegsausbruch
in der Ukraine 2022 drängen auch viele Russen, zumeist
Regime-Kritiker, auf den angespannten Wohnungsmarkt in Belgrad. Es
wird gebaut, dabei allerdings die notwendige Infrastruktur
sträflich vernachlässigt. So ist Belgrad die einzige europäische
Hauptstadt, die bis heute über kein funktionierendes Abwassersystem
verfügt. Abwässer werden ungeklärt in die beiden Flüsse Save und
Donau geleitet.

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