Episode 156: Die schwarze Katze (The Black Cat), 1934
Edgar Ulmer vermeidet auch in seinem Universal-Horrorfilm
Kausalketten und setzt auf maximale Ambivalenz der Erzählung. Umso
erstaunlicher ist es, wie klar er dadurch herausarbeitet, dass es
im europäischen Bürgertum zwischen den Weltkriegen brodelt...
58 Minuten
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Beschreibung
vor 4 Jahren
Zum Start des #Horroctober geht es in die Untiefen der bürgerlichen
Psyche Europas zwischen den Weltkriegen. Der noch in
Österreich-Ungarn geborene Edgar Ulmer inszeniert seinen
Universal-Schocker als Blick auf Europa: der Kampf der Monster
Karloff und Lugosi ist der eines gebildeten Architekten gegen einen
Doktor der Psychologie, also der beiden ausgewiesensten
Professionen der Wiener Moderne oder auch der Weimarer Republik.
Karloffs Haus im Stile der Neuen Sachlichkeit steht auf den Ruinen
eines in Beton gegossenen Zweckbaus, der im gerade beendeten Ersten
Weltkrieg als Kaserne diente. Hier hinein verlegt Ulmer das
unübersichtliche Spuckschloss des Poe-schen Gothic Horror. Dessen
titelgebende Geschichte verbleibt in der Motivik – die eingemauerte
Tote, verdrängte Schuld des Mörders, alles ist vorhanden. Nur
trifft es jetzt das europäische Bürgertum nach dem Krieg. Menschen
zwischen Umarmung ultimativ gedachter Ratio auf der einen und Lust
an der überhöhten Mystifizierung und dem Spiel mit dem Exzess und
Perversion auf der anderen Seite. Kein Wunder, dass unsere
behaupteten Protagonisten, ein amerikanisches Paar auf den
Flitterwochen, blass bleibt. Die beiden europäischen Figuren zeigen
aber, dass es brodelt und dass bald Einiges wieder schief gehen
kann in Europa. Wie die beiden Amerikaner bleiben wir als Zuschauer
immer verunsichert: in dem Willen zur Ambivalenz wird nie klar, was
genau passiert, wer die Figuren wirklich sind. Ulmer nimmt uns die
klaren Kausalketten, hinterlässt eher eine Vermengung
widersprüchlicher Ästhetik zwischen expressionistischem Stummfilm
und deklarierender Erzählmontage des frühen Tonfilms. Dadurch kann
er auch ambivalente Themen am frischen Hays-Code vorbeischmuggeln.
Nekrophilie und Inzest könnten Themen sein, aber ist man sich da
sicher?
Psyche Europas zwischen den Weltkriegen. Der noch in
Österreich-Ungarn geborene Edgar Ulmer inszeniert seinen
Universal-Schocker als Blick auf Europa: der Kampf der Monster
Karloff und Lugosi ist der eines gebildeten Architekten gegen einen
Doktor der Psychologie, also der beiden ausgewiesensten
Professionen der Wiener Moderne oder auch der Weimarer Republik.
Karloffs Haus im Stile der Neuen Sachlichkeit steht auf den Ruinen
eines in Beton gegossenen Zweckbaus, der im gerade beendeten Ersten
Weltkrieg als Kaserne diente. Hier hinein verlegt Ulmer das
unübersichtliche Spuckschloss des Poe-schen Gothic Horror. Dessen
titelgebende Geschichte verbleibt in der Motivik – die eingemauerte
Tote, verdrängte Schuld des Mörders, alles ist vorhanden. Nur
trifft es jetzt das europäische Bürgertum nach dem Krieg. Menschen
zwischen Umarmung ultimativ gedachter Ratio auf der einen und Lust
an der überhöhten Mystifizierung und dem Spiel mit dem Exzess und
Perversion auf der anderen Seite. Kein Wunder, dass unsere
behaupteten Protagonisten, ein amerikanisches Paar auf den
Flitterwochen, blass bleibt. Die beiden europäischen Figuren zeigen
aber, dass es brodelt und dass bald Einiges wieder schief gehen
kann in Europa. Wie die beiden Amerikaner bleiben wir als Zuschauer
immer verunsichert: in dem Willen zur Ambivalenz wird nie klar, was
genau passiert, wer die Figuren wirklich sind. Ulmer nimmt uns die
klaren Kausalketten, hinterlässt eher eine Vermengung
widersprüchlicher Ästhetik zwischen expressionistischem Stummfilm
und deklarierender Erzählmontage des frühen Tonfilms. Dadurch kann
er auch ambivalente Themen am frischen Hays-Code vorbeischmuggeln.
Nekrophilie und Inzest könnten Themen sein, aber ist man sich da
sicher?
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