Episode 063: Schießen Sie auf den Pianisten (Tirez sur le pianiste), 1960
Truffauts zweiter Film verbindet die neuen Strategien der Nouvelle
Vague mit zentralen Aspekten des Film Noir, um über die Aushandlung
von Beziehungen im jungen Frankreich zu erzählen.
54 Minuten
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Beschreibung
vor 5 Jahren
Nouvelle Vague-Meister Truffaut macht in seinem zweiten Film auf
Film Noir, interessiert sich aber weniger für den angetäuschten
Gangster-Plot, als mehr für Beziehungen und wie sich das ganze
Thema mit Mann, Frau und Sexualität im jungen, modernen Frankreich
neu aushandelt. Ein Widerspruch? Ganz und gar nicht, denn SCHIESSEN
SIE AUF DEN PIANISTEN arbeitet sich an den sozial veralteten
Modellen von femme fatale bis femme fragile ab und nutzt Noir als
den wiederentdeckten expressionistisch-existenzialistisch geprägten
Euro-Export in das Hollywood-Kino, um Form, Narration und vor allem
Kontext in die Heimat zurückzuholen. Denn hier diskutiert gerade
die junge, erst nach dem Weltkrieg erwachsen gewordene Generation
in Pariser Cafés über Camus, Sartre und de Beauvoir; das Frauenbild
ändert sich, die alten Vorstellungen greifen nicht mehr. Truffaut
zeigt an seinem schüchternen Hauptcharakter die Verunsicherung, die
mit einer neuen Verhandlung der Geschlechterrollen und -beziehungen
einhergeht, aber auch, warum das einfach notwendig und richtig ist.
Dabei nutzt er alle Methoden der politique des auteurs: der
filmische Blick bleibt männlich, der Figur und dem Regisseur
zugeordnet. Das Bild ist zudem immanent, direkt, die Erzählung
subjektiv. Zusammen mit Raoul Coutards faszinierender
Bildstrategie, die zwischen dem neuen, niemals perfekt wirkenden
Filmbild im Jetzt und der visuellen Norm in der verschachtelt
offengelegten Vergangenheit wechselt, entsteht so bei uns der
Eindruck: eigentlich ist das hier ein Film Noir, eben einer gefilmt
durch eine neue, moderne Linse und erzählt mit einem unbedingten
Willen zum Auteurismus, der auch seinem Publikum zutraut, die
formale Neukonfiguration auf die Aushandlung eines (in den 60ern)
modernen Geschlechterverhältnisses zu übertragen. Darüber müssen
wir im Detail reden…
Film Noir, interessiert sich aber weniger für den angetäuschten
Gangster-Plot, als mehr für Beziehungen und wie sich das ganze
Thema mit Mann, Frau und Sexualität im jungen, modernen Frankreich
neu aushandelt. Ein Widerspruch? Ganz und gar nicht, denn SCHIESSEN
SIE AUF DEN PIANISTEN arbeitet sich an den sozial veralteten
Modellen von femme fatale bis femme fragile ab und nutzt Noir als
den wiederentdeckten expressionistisch-existenzialistisch geprägten
Euro-Export in das Hollywood-Kino, um Form, Narration und vor allem
Kontext in die Heimat zurückzuholen. Denn hier diskutiert gerade
die junge, erst nach dem Weltkrieg erwachsen gewordene Generation
in Pariser Cafés über Camus, Sartre und de Beauvoir; das Frauenbild
ändert sich, die alten Vorstellungen greifen nicht mehr. Truffaut
zeigt an seinem schüchternen Hauptcharakter die Verunsicherung, die
mit einer neuen Verhandlung der Geschlechterrollen und -beziehungen
einhergeht, aber auch, warum das einfach notwendig und richtig ist.
Dabei nutzt er alle Methoden der politique des auteurs: der
filmische Blick bleibt männlich, der Figur und dem Regisseur
zugeordnet. Das Bild ist zudem immanent, direkt, die Erzählung
subjektiv. Zusammen mit Raoul Coutards faszinierender
Bildstrategie, die zwischen dem neuen, niemals perfekt wirkenden
Filmbild im Jetzt und der visuellen Norm in der verschachtelt
offengelegten Vergangenheit wechselt, entsteht so bei uns der
Eindruck: eigentlich ist das hier ein Film Noir, eben einer gefilmt
durch eine neue, moderne Linse und erzählt mit einem unbedingten
Willen zum Auteurismus, der auch seinem Publikum zutraut, die
formale Neukonfiguration auf die Aushandlung eines (in den 60ern)
modernen Geschlechterverhältnisses zu übertragen. Darüber müssen
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