Episode 06: Die Wunder
Diese folgende Geschichte schrieben wir für Cecile, die einfach
einmal einer bestimmten Freundin für „So Vieles, wenn nicht Alles“
so richtig „Danke“ sagen wollte! Dazu beschrieb sie uns kurz, wie
ihre Freundin heißt, wie sie aussieht, was sie gerne hat u
12 Minuten
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Beschreibung
vor 3 Monaten
Ein dunkelroter Sonnenball hob sich träge über den Rand eines
dichten, dunkelgrünen Waldes und beleuchtete die kleine Gruppe
einfach gebauter Holzhäuser eines unbekannten Landes. Als hätte
die Sonne die Luft verdrängt, blies im gleichen Augenblick ein
starker Luftschauer über das Dorf und das dahinter liegende
Grasland und malte eigenförmige Muster zwischen die Ähren der
blühenden Gräser. Die Muster wurden zu kleinen Abdrücken des
„Nichts“ und erzählten auf diese Weise aus dem Leben des Windes.
Ein alter, runzliger Kobold, der es sich während der Nacht auf
dem Holzdach eines der Häuser bequem gemacht hatte, schlug
überrascht die Augen auf. „Hmm, Sonne“ zischte er ärgerlich,
konnte es aber nicht lassen, den Feuerball für einige Sekunden
fasziniert anzustarren. Als er aus dem Inneren des Hauses, auf
dessen Dach er die Nacht verbracht hatte, ein dumpfes Rumpeln und
daraufhin ein eigentümliches Klopfen hörte, stand er auf.
„Vielleicht wird es ein guter Tag, vielleicht aber auch ein
schlechter“ brummte er, während er schwerfällig vom Dach stieg.
„Ich glaube aber, dass es heute ein guter Tag werden könnte!“
murmelte er noch. Kurz darauf war er unter den dichten Grashalmen
verschwunden.
Eine junge, hübsche Frau öffnete die einfache Türe ihres Hauses,
streckte sich ein wenig und blickte sich um. „Ein wunderbarer
Morgen!“ flüsterte sie, während sie die Sonne bewunderte. Auf
einer kleinen Bank neben ihrer Hütte, lag eine schlafende,
schwarze Katze. Die Frau setzte sich vorsichtig, ohne das Tier zu
wecken und streichelte sie. Die Katze ließ sich das gerne
gefallen, streckte ihre Arme und Beine weit aus und öffnete
schließlich schlaftrunken ihre Augen. Ein Kind streckte seinen
Kopf aus der Tür der Hütte und blickte zu seiner Mutter. „Mama!“,
fragte er, gibt es eigentlich ein Wunder? „Ob es ein Wunder
gibt?“ Die Frau legte ihren Kopf etwas schief und dachte nach.
„Komm, wir gehen ein Stück und versuchen, auf deine Frage eine
Antwort zu finden!“ Sie hatte zwar noch keine Vorstellung davon,
ob sie ihrem Sohn die „Wunder“ würde zeigen können, aber
vielleicht fiel ihr ja unterwegs etwas ein. Zu ihrem eigenen
Erstaunen begann das Wunder nur wenige Ellen von ihrer Hütte
entfernt: 100erte Blütenblätter der unterschiedlichsten Farben
waren hier von jemandem auf dem Weg verstreut worden. Nasdra – so
hieß die Frau – nahm ihren jungen Sohn Imson an der Hand und
gemeinsam setzten sie behutsam ihre Schritte über das Blütenmeer.
Auf beiden Seiten des Weges standen zarte, winzig kleine
weibliche Wesen, die aus unscheinbaren Körben Blütenblätter auf
den Weg warfen. Dabei sangen sie Lieder in einer unbekannten
Sprache, hielten sich an ihren winzigen Händen, drehten sich im
Kreis und begleiteten Nasdra und Imson für eine kurze Zeit. „Äh“
flüsterte die Frau ihrem Sohn ins Ohr. „Das hier, das ist
auch ein Wunder! Blütenfeen lassen sich nur selten blicken, vor
uns Menschen verbergen sie sich normalerweise sowieso!“
Sie gingen weiter und ließen die Feen hinter sich. Nach kurzer
Zeit führte sie der Fußweg an einem kleinen Bach entlang, bis sie
ein dicht gewachsenes Erlenwäldchen erreichten. Doch kaum waren
sie einige Ellen entlang des Wäldchens gegangen, da bemerkte die
Frau, dass auf einigen Erlenstauden Laternen hingen, deren
fahles, gelbrötliches Licht das Glas der Laternen von Innen
leuchten ließ. Nasdra und Imson blieben erstaunt stehen, als sie
bemerkten, dass knapp fingergroße, menschenähnliche Wesen auf den
Ästen der Erlen saßen und sie anstarrten. Die Wesen schienen
erfreut zu sein, sie zu sehen, zugleich war deren Verhalten
schüchtern und vorsichtig. Eines der Wesen balancierte über
einen Erlenzweig, bis es so nahe wie möglich bei der Frau stand.
Nasdra beugte sich nach vorne, immerhin hielt das kleine Kerlchen
einen winzigen Krug in der Hand und schien ihr etwas sagen zu
wollen: „Wir, die Hüter des Erlenwäldchens möchten uns bei dir
bedanken!“ Und bevor die Frau fragen konnte, wofür sie sich
bedanken wollten, reichte das Wesen ihr den Krug, den sie gerade
zwischen zwei Fingern halten konnte. „Trink das, es gibt dir die
frische Energie gesunder Heidelbeeren!“ flüsterte das Wesen
etwas beschämt, wie es ihr vorkam. Gleich danach drehte es sich
um und kletterte zu den anderen zurück. Die Frau nahm einen
Schluck aus dem Krug, und obwohl es nur wenige Tropfen waren,
hatte sie das Gefühl, dass reine Energie in ihren Körper floss.
„Das war ein weiteres Wunder!“ murmelte sie mehr zu sich als zu
ihrem Sohn, während sie weitergingen.
Am Ufer des Flusses standen ein Zwerg und ein Halbling, sie
kannte beide aus einigen, wenigen Begegnungen, als sie noch in
ein Abenteuer verstrickt war zu einer Zeit, als sich Halblinge
und Zwerge nicht besonders gut leiden konnten. Als sich Nasdra
und Imson den beiden näherten, schien es, als würde der Zwerg den
Halbling mit dem Ellbogen in die Hüfte stoßen, die beiden
erröteten leicht, stimmten dann gemeinsam ein Lied an, wobei der
Halbling auf einem schmalen, unförmigen Stück Holz mit einer
Reibe auf und ab fuhr und auf diese Art Töne aus dem Holz
hervorlockte. Der Text des Liedes handelte über eine Heldin der
nahen Vergangenheit, die das Leben und die Welt der Zwerge und
Halblinge verändert hatte.
Als der Gesang langsam ausklang, holte der Zwerg hinter seinem
Rücken einen Blumenstrauß hervor und überreichte ihn der
„Heldin“. „Das ist für alles, was du für unsere Völker getan
hast, wir haben uns nie richtig bei dir bedankt, durch deine
Bemühungen hast du Morlin, den Zwerg und mich, den Halbling
Rogumand Merogut, damals zusammengebracht und zu Freunden werden
lassen, während unsere beiden Völker untereinander völlig
zerstritten waren. Seitdem wird alles so, wie es nie war, nicht
nur zwischen uns beiden, sondern auch zwischen den Halblingen und
Zwergen der ganzen Region!“
Nun war es an der Frau zu erröten, sie blickte zu ihrem Sohn.
„Hast du das alles …? Noch bevor Imson antworten konnte, traten
Halbling und Zwerg zur Seite. Unter einem hohen Atlasbaum stand
eine festlich gedeckte Tafel. Junge Zwergenfrauen liefen hin und
her, brachten allerlei Früchte und Speisen in kleinen Schüsseln
und Tellern herbei und stellten alles auf den Tisch. Am Ende der
Tafel saß ein runzliger Kobold, der zu lächeln versuchte, was ihm
aber nicht ganz gelang. „Ja, dein Sohn hat uns ein Zeichen
gegeben, als ihr die Hütte verlassen habt, geplant haben wir das
aber alle gemeinsam!“ sagte er schließlich. „Du hast nicht nur
die Zwerge und Halblinge zu Freunden werden lassen, du hast auch
– ohne es immer zu wissen – die Lebewesen dieser Gegend geehrt,
du hast neue Blumen gepflanzt, den Bienen Nahrung gegeben, die
Natur und ihre Schätze bewahrt, die Kobolde ihren Schabernack
treiben lassen und .. und uns allen einfach immer ein gutes
Gefühl gegeben. Wir lieben das und dich alle sehr!“ Kurz zögerte
der Kobold, dann sagte er augenzwinkernd und schon beinahe
lächelnd: „Und außerdem kochst du so gut, dass wir es dir
nachmachen wollen! Aber da müssen wir noch so manches lernen… “
Nach diesen kleinen Ansprachen schauten alle voller Erwartung zu
Nasdra, die einfach nicht wusste, was sie sagen sollte. Sie hatte
Tränen in den Augen. Schließlich drehte sie sich erst Imson, dann
allen anderen entgegen und sagte: „Ich danke euch sehr, die
Wunder, die Wunder sind vielleicht immer dort, wo man sie am
wenigsten erwartet! Ich bin so glücklich!“ Dann umarmte sie erst
ihren Sohn, dann den Zwerg, den Halbling und den Kobold, fuhr
schließlich vorsichtig den Blütenfeen durch die Haare bis sie an
der Tafel anlangten und mit dem Frühstück begannen… Nach
und nach gesellten sich andere Bewohner der Wiesen, Haiden und
Wälder dazu und feierten gemeinsam ein ausgelassenes Fest bis
spät in die Nacht…
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