Special Episode: Geflohen vor dem Hass, gefangen im neuen Hass: Mujtaba Sarfaraz‘ Leben in Bautzen
1 Stunde 52 Minuten
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vor 2 Monaten
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Vor den Landtagswahlen in Ostdeutschland sehen viele Politiker
geflüchtete Menschen als größte Gefahr und stellen sie als
Sündenböcke dar, doch selten hört man ihre Perspektive. Oft wird
vergessen, dass hinter den politischen Debatten echte Menschen
mit außergewöhnlichen Geschichten stehen.
In einer Special Episode spreche ich mit Mujtaba Sarfaraz, der
2016 als Minderjähriger alleine aus Afghanistan nach Deutschland
geflüchtet ist. Er lebt heute in Bautzen, Sachsen – einer Stadt,
die für ihre rechtsextreme Szene und den hohen AfD-Stimmenanteil
bekannt ist.
Mujtaba war 10 Jahre alt, als die Taliban seinen Vater
ermordeten, weil dieser als Dolmetscher für die Amerikaner
arbeitete. Die Familie musste nach Iran fliehen, da auch der
älteste Sohn, der nun die Familie unterstützte, von den Taliban
bedroht wurde.
Im Iran lebten sie unter extrem prekären Verhältnissen, und
Mujtaba musste als Kind bis zu 16 Stunden täglich arbeiten, ohne
Aussicht auf gültige Papiere. Auf der Suche nach Sicherheit
flüchtete er alleine über die Türkei und Griechenland nach
Deutschland. In der Türkei versteckte er sich mit anderen
Geflüchteten wochenlang in einem Keller und entkam knapp dem Tod,
als sie beinahe an einer Gasvergiftung starben, weil sie sich mit
einem Gasherd gegen die Kälte schützen wollten. Die gefährliche
Überfahrt nach Griechenland auf einem überladenen Schlauchboot
war nur eine von vielen Situationen, in denen er dem Tod entkam.
Mujtaba spricht über den alltäglichen Rassismus in Bautzen, seine
Sehnsucht, einmal unsichtbar zu sein und nicht ständig
unwillkommen angestarrt zu werden. Er äußert seine Angst um die
Zukunft seiner Kinder, deren Mutter Deutsche ist und Bautzen ihre
Heimat. Er ist wütend darüber, dass seine Geschichte als Ausnahme
gesehen wird, obwohl er viele positive Geschichten anderer
Geflüchteter kennt.
Er erzählt von der Einsamkeit, weil seine Freunde und viele
Menschen mit Migrationsgeschichte Bautzen verlassen haben. Die
Liebe zu seiner Frau gibt ihm die Stärke, mit dem Rassismus
umzugehen und in Bautzen zu bleiben. Weil er weiß, wie schwer es
ist, ohne Familie zu sein und seine Heimat zu verlassen, möchte
er nicht wegziehen und nicht, dass seine Frau das auch erleben
muss.
Mujtaba sorgt sich, dass die Demokratie in Deutschland, für die
er unter Lebensgefahr gekommen ist, durch Rechtsextremisten
bedroht ist.
Er hebt auch die Chancen hervor, die er in Deutschland bekam,
darunter die Möglichkeit, eine Schule mit deutschen Mitschülern
zu besuchen. Dank einer engagierten Lehrerin konnte er schnell
Deutsch lernen, seinen Schulabschluss machen, eine Ausbildung
abschließen und eingebürgert werden. Heute arbeitet er als
Pflegedienstleiter, führt ein Team von 10 Mitarbeitern und
studiert nebenbei.
Vor den Landtagswahlen am Sonntag ist dies eine wichtige
Gelegenheit, innezuhalten und zu reflektieren, welche
Auswirkungen unsere Stimmen auf das Leben von Menschen wie
Mujtaba haben können.
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Musik & Postproduktion:
Joscha Grunewald
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