Friedrich Kleine: Was macht die Seele im Gefängnis?
Ein Gespräch mit dem Gefängnisseelsorger von Hamburg-Fuhlsbüttel
51 Minuten
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Beschreibung
vor 2 Monaten
Es heißt, dass das Gefängnis ein Spiegel der Gesellschaft sei. Nur,
wie kann man in einen Spiegel schauen, wenn man sich nicht vor ihn
stellt? Deshalb habe ich einen alten Bekannten aus Vikarszeiten in
der Justizvollzugsanstalt Hamburg-Fuhlsbüttel besucht. Friedrich
Kleine arbeitet dort als evangelischer Gefängnisseelsorger.
Anschaulich erzählt er mir von seinem besonderen Arbeitsalltag. Wie
er morgens in sein Büro geht und die Anträge von Häftlingen
durchgeht, die mit ihm sprechen möchten, und sich dann auf den Weg
durch die große, geschlossene Anlage macht. Er hat es mit
sogenannten Langstrafigen zu tun, die mehr als vier Jahre einsitzen
müssen, manchmal bis zu lebenslang. Was wollen sie von ihm, und was
kann er für sie tun? Gefängnisseelsorger haben einen Vorteil: Sie
sind zwar Teil der Gefängniswelt, besitzen aber auch eine pastorale
Unabhängigkeit. Was Häftlingen oder Bedienstete ihnen sagen, bleibt
bei ihnen. In unserem Gespräch räumt Kleine mit so einigen
Klischees auf, die ich mitgebracht hatte. Z.B. dass es im Gefängnis
besonders gewalttätig zuginge. Das Hauptproblem seien die
Langeweile, die ewig gleichen Routinen, das Abstumpfen und die
Vereinsamung. Engagiert spricht Kleine sich dafür aus, an den
Prinzipien des humanen Strafvollzugs und der Resozialisierung
festzuhalten. Einzelne Sicherheitsverstöße (z.B. geflohene
Freigänger) – und deren mediale Skandalisierung – führten zu
schnell dazu, dass sinnvolle Lockerungen plötzlich eingeschränkt
würden. Ein Schwerpunkt unseres Gesprächs war die Frage, was
Seelsorge an Tätern sein kann. Sollte die Kirche sich nicht
ausschließlich um die Opfer von Gewalt und Kriminalität kümmern?
Wie kann man mit Tätern seelsorgerlich arbeiten, wenn diese sich
gar nicht als Täter verstehen, weil sie ihre Schuld noch nicht
angenommen haben? Im Laufe unseres Gesprächs darüber ging mir auf,
dass diese Fragen, die im Gefängnis natürlich eine besondere
Schärfe haben, mir auch draußen, in meiner vermeintlich normalen
seelsorgerlichen Arbeit begegnen können. Das Gefängnis ist zwar
eine Sonderwelt, aber eben auch ein Spiegel unserer Gesellschaft.
wie kann man in einen Spiegel schauen, wenn man sich nicht vor ihn
stellt? Deshalb habe ich einen alten Bekannten aus Vikarszeiten in
der Justizvollzugsanstalt Hamburg-Fuhlsbüttel besucht. Friedrich
Kleine arbeitet dort als evangelischer Gefängnisseelsorger.
Anschaulich erzählt er mir von seinem besonderen Arbeitsalltag. Wie
er morgens in sein Büro geht und die Anträge von Häftlingen
durchgeht, die mit ihm sprechen möchten, und sich dann auf den Weg
durch die große, geschlossene Anlage macht. Er hat es mit
sogenannten Langstrafigen zu tun, die mehr als vier Jahre einsitzen
müssen, manchmal bis zu lebenslang. Was wollen sie von ihm, und was
kann er für sie tun? Gefängnisseelsorger haben einen Vorteil: Sie
sind zwar Teil der Gefängniswelt, besitzen aber auch eine pastorale
Unabhängigkeit. Was Häftlingen oder Bedienstete ihnen sagen, bleibt
bei ihnen. In unserem Gespräch räumt Kleine mit so einigen
Klischees auf, die ich mitgebracht hatte. Z.B. dass es im Gefängnis
besonders gewalttätig zuginge. Das Hauptproblem seien die
Langeweile, die ewig gleichen Routinen, das Abstumpfen und die
Vereinsamung. Engagiert spricht Kleine sich dafür aus, an den
Prinzipien des humanen Strafvollzugs und der Resozialisierung
festzuhalten. Einzelne Sicherheitsverstöße (z.B. geflohene
Freigänger) – und deren mediale Skandalisierung – führten zu
schnell dazu, dass sinnvolle Lockerungen plötzlich eingeschränkt
würden. Ein Schwerpunkt unseres Gesprächs war die Frage, was
Seelsorge an Tätern sein kann. Sollte die Kirche sich nicht
ausschließlich um die Opfer von Gewalt und Kriminalität kümmern?
Wie kann man mit Tätern seelsorgerlich arbeiten, wenn diese sich
gar nicht als Täter verstehen, weil sie ihre Schuld noch nicht
angenommen haben? Im Laufe unseres Gesprächs darüber ging mir auf,
dass diese Fragen, die im Gefängnis natürlich eine besondere
Schärfe haben, mir auch draußen, in meiner vermeintlich normalen
seelsorgerlichen Arbeit begegnen können. Das Gefängnis ist zwar
eine Sonderwelt, aber eben auch ein Spiegel unserer Gesellschaft.
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