Dr. Jochen Böhler vom Wiener Wiesenthal-Institut im ZEITGESPRÄCH #95 mit Gerhard Schmid
Dr. Jochen Böhler vom Wiener Wiesenthal-Institut betont die
Bedeutung der Holocaust-Aufarbeitung, warnt vor Antisemitismus und
unterstreicht die Rolle von Bildung für junge Generationen gegen
gefährliche Ideologien.
27 Minuten
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Interviews mit INTERESSANTEN PERSÖNLICHKEITEN aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Religion, Sport und Kultur
Beschreibung
vor 2 Monaten
Gespräche auf Augenhöhe, auf Höhe der Zeit: Die
„ZEITGESPRÄCHE“ sind ein eindrückliches Zeugnis von Anstand und
Respekt.
Zeit für Gespräche – Zeit für Antworten. Gerhard Schmid liefert
mit seinen „ZEITGESPRÄCHEN“ beides. Und das zur richtigen Zeit.
Denn mit dieser Reihe gelingt, was in der Eile des Alltags oft
leider zu kurz kommt: Erfahrung und Persönlichkeit
zusammenbringen. Das Gespräch suchen und finden. Zuhören,
Menschen und ihre Geschichten und Erfahrungen wirken
lassen.
In diesem Interview wird Dr. Jochen Böhler, Direktor des Wiener
Wiesenthal-Instituts für Holocauststudien, vorgestellt und
spricht über seine beeindruckende Karriere sowie die
Herausforderungen seiner neuen Position. Er reflektiert über
seine wissenschaftliche Ausbildung, die ihn von Köln über
Warschau nach Jena und schließlich nach Wien geführt hat. Dr.
Böhler hebt die Bedeutung des Wiener Wiesenthal-Instituts als
Forschungs- und Gedenkstätte hervor, die sich der Aufarbeitung
der Geschichte des Holocaust und der Rolle Österreichs in dieser
Geschichte widmet. Ein zentraler Punkt des Gesprächs ist die
kritische Auseinandersetzung mit der österreichischen Geschichte
des 20. Jahrhunderts. Dr. Böhler betont, dass Österreich nicht
nur ein Land der Opfer sei, sondern auch eine Geschichte der
Täter aufzuarbeiten habe. Diese duale Perspektive ist ein
Schlüsselthema für das Institut, das eng mit anderen wichtigen
Institutionen in Österreich mit dem Ziel der Erinnerungskultur
kooperiert. Dabei wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, die
Lehren aus der Geschichte für die Gesellschaft von heute und
morgen nutzbar zu machen, besonders vor dem Hintergrund
zunehmender antidemokratischer Tendenzen. In der Diskussion um
die Aufarbeitung der Vergangenheit thematisiert Dr. Böhler die
Herausforderungen, die sich aus der aktuellen politischen
Landschaft ergeben. Er warnt vor der Gefahr des wieder
aufkommenden Antisemitismus und Rassismus und betont, dass der
Einsatz für Demokratie und Aufklärung eine umfassende
gesellschaftliche Aufgabe darstellt. Es wird hervorgehoben, dass
Rassismus als Spaltpilz agiere, der die Demokratie gefährden
könne. Hier setzt das Institut mit umfassenden Bildungs- und
Aufklärungsprogrammen an, die sich besonders an die jüngere
Generation richten. Dr. Böhler beschreibt die Schwerpunkte des
Instituts, die auf Dokumentation, Forschung und Vermittlung
basieren. Dabei wird betont, dass die internationale Forschung
und der Austausch mit Wissenschaftlern aus der ganzen Welt eine
zentrale Rolle spielen. Die Frage der Tätergeneration wird
angesprochen; während viele Täter schon verstorben seien, bleibt
die Aufgabe, die Erinnerungskultur lebendig zu halten und der
allgemeinen Öffentlichkeit ein Bewusstsein für die Verbrechen der
Vergangenheit zu vermitteln. Ein weiterer Schlüsselpunkt ist die
Rolle der Bildung im Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus.
Dr. Böhler beschreibt die Notwendigkeit, bereits in der Schule
über demokratische Werte aufzuklären und gefährliche Ideologien
frühzeitig anzugehen. Er betont die Zusammenarbeit mit
bestehenden Bildungsinitiativen, um Materialien und Ressourcen
bereitzustellen, die Lehrer in den Unterricht integrieren können.
Es wird klar, dass trotz der vormals als gesichert geglaubten
demokratischen Strukturen der kontinuierliche Einsatz für diese
Werte notwendig ist. In der Schlussphase des Interviews geht Dr.
Böhler auf die aktuelle geopolitische Situation ein. Er äußert
Besorgnis über die Entwicklung autoritärer Regime und die
Gefahren, die aus politischer Instabilität erwachsen können. Der
Vergleich zu den 30er Jahren wird zwar mit Vorsicht behandelt,
jedoch deutlich gemacht, dass demokratische Werte und
Menschenrechte als Fundament eines stabilen zusammenlebens
gewahrt und geschützt werden müssen. Dr. Böhlers Aufruf zur
Vereinigung demokratischer Kräfte in Europa unterstreicht die
Notwendigkeit eines kollektiven Engagements für Aufklärung und
Menschenrechte in einer Zeit, in der intolerante Strömungen
wieder an Bedeutung gewinnen. Insgesamt vermittelt das Interview
eindrücklich die Herausforderungen und Chancen, vor denen das
Wiener Wiesenthal-Institut steht, sowie die zentrale Rolle der
Erinnerungskultur und der Bildungsarbeit im Kampf gegen aktuelle
gesellschaftliche und politische Probleme. Dr. Böhler schließt
das Gespräch mit dem Wunsch, weiterhin erfolgreich für Aufklärung
und den Schutz demokratischer Prinzipien zu arbeiten.
Die „ZEITGESPRÄCHE“ sind geprägt von Anstand und Respekt.
Vor Menschen, Werten und dem demokratischen Miteinander. Sie
verbinden spannende Einblicke mit klugen Gedanken und
vergnüglichen Momenten im Leben wunderbarer
Persönlichkeiten.
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