Viel mehr als nur Tränen: Tessiner Emigrationsgeschichte(n)

Viel mehr als nur Tränen: Tessiner Emigrationsgeschichte(n)

Im 19. Jahrhundert, vor allem zwischen 1850 und 1900, zwang der Hunger Tausende von Tessinern auszuwandern. In dieser Zeit führten gerade im Maggiatal grosse Überschwemmungen zu Ernteausfällen und Krankheiten. Die Werbung von Reisebüros lockte viele a ...
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vor 1 Monat
Im 19. Jahrhundert, vor allem zwischen 1850 und 1900, zwang der
Hunger Tausende von Tessinern auszuwandern. In dieser Zeit führten
gerade im Maggiatal grosse Überschwemmungen zu Ernteausfällen und
Krankheiten. Die Werbung von Reisebüros lockte viele auch nach
Australien. Mit katastrophalen Folgen. Zeitzeuge Arthur Nicolas,
75, kennt die falschen Heilsversprechen dieser Reisebüros aus der
eigenen Familiengeschichte. Dass er nicht im Tessin, sondern in
Kalifornien aufgewachsen ist, verdankt er seinen beiden
Urgrossvätern. Diese gingen nach Australien, um Gold zu suchen. Als
sie ankamen, gab es aber kein Gold mehr. Der eine Grossvater hatte
für die Überfahrt sein Land verpachtet. Er blieb in Australien und
stürzte zu Hause im Maggiatal seine Familie in bittere Armut. Die
Frauen und Kinder waren die Leitragenden der Tessiner Emigration,
ordnet Historiker Luigi Lorenzetti ein. Im Maggiatal emigrierten so
viele Männer, dass um 1900 die Hälfte der Frauen Singles waren –
ein europaweit einzigartiges Missverhältnis. Das starke Bild der
Armut, das im 19. Jahrhundert so viele Tessiner zwang,
auszuwandern, hat aber das kollektive Gedächtnis einseitig geprägt,
sagt der Historiker. Emigration wird damit fälschlicherweise
ausschliesslich negativ konnotiert. So geht vergessen, dass viele
Tessiner Emigranten sehr erfolgreich waren und mit ihrem erworbenen
Reichtum für ein fortschrittliches Sozialsystem in ihrem
Heimatkanton sorgten. Zu Gast in dieser Zeitblende sind: * Arthur
Nicola, direkter Nachfahre von Emigranten aus dem Maggiatal *
Angelo Comisetti, Kurator Piccolo Museo von Sessa * Luigi
Lorenzetti, Historiker Feedback, Fragen oder Wünsche? Nehmen wir
gerne entgegen unter zeitblende@srf.ch

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