B2P047 Gerhard Steiner (SOMA) - Das pragmatische Gewissen
... oder warum niemand als Gutmensch auf die Welt kommt
2 Stunden 42 Minuten
Beschreibung
vor 2 Jahren
Wisst ihr, wann der Urknall war? Wir schon, sogar auf die Minute
genau. Österreich, Linz, 9.9.1999. Der kleine Zeiger steht auf
der neunten Stunde, der große auf Minute 9. Und es hat Boom
gemacht! Habemus SOMA. Sichtlich stolz erzählt uns Gerhard
Steiner, Gründungsmitglied und Präsident von SOMA Österreich
& Partner, von den Anfängen und dass man mit den SOMA
Sozialmärkten damals ein völlig neues Konzept geschaffen habe.
Bis dahin gab es keine Ideen, die Themen Armut, Lebensmittel und
Verschwendung sinnvoll in ein Konzept zu gießen.
Gerhard Steiner und sein philosophierender Freundeskreis wurden
damals von Ihren Frauen dazu aufgefordert, nicht nur gescheit zu
reden, sondern endlich zur Tat zu schreiten. Die Aufforderung
dürfte also Wirkung gezeigt haben.
Die Gründer kamen vornehmlich aus Industrie und Handel und
wussten genau, wovon sie da diskutierten. Sie sahen die
Lebensmittelabfälle, die in den 90er Jahren in rauen Mengen
anfielen. Weil sie so nahe dran waren, kannten sie auch viele der
Ursachen, warum Lebensmittel gar nicht erst beim Endkonsumenten
landen konnten. Und sie sahen auch jene Menschen, die sich einen
normalen Einkauf im Handel nicht leisten konnten.
„Man kommt nicht als Gutmensch auf die Welt“, sagt Gerhard
Steiner sinngemäß, auch er nicht. Und so war auch ihr Ansatz
nicht vorrangig von Güte getragen, sondern vielmehr maximal
pragmatisch angelegt. Handel und Industrie nahmen die Idee auch
sofort gut auf, nicht zuletzt, weil man gut vernetzt war. Jeder
hatte was von der Idee, Win-Win, sagt Steiner.
Handel und Industrie konnten sich Kosten bei der Entsorgung
sparen. Und die Kunden von SOMA konnten zu deutlich niedrigeren
Preisen ausreichend einkaufen. Und von dem Geld, dass sie dann
vielleicht noch übrig hatten, konnten sie im Handel jene Dinge
besorgen, die sie bei SOMA nicht bekommen hatten.
Beim Thema Armut ringt Gerhard Steiner jedoch plötzlich um seine
Worte und man merkt, dass hier nicht nur ein wortgewandter
Optimierer vor uns sitzt. Man könne mit SOMA keine Armut
bekämpfen, Armut sein ein konstantes Phänomen und werden in den
nächsten Jahren wohl eher noch zunehmen, so Steiner sinngemäß.
Besondern im Zuge von Klimawandel und Energiewende sieht er nicht
nur eine Chance für neue „Green Jobs“, sondern auch eine
ernstzunehmende Gefahr für den Verlust vieler Arbeitsplätze und
somit oft auch für neue Armut.
Ein vielschichtiges Gespräch mit vielen neuen Perspektiven auf
die Lebensmittel-Wertschöpfungskette. Von Acker in der
Landwirtschaft bis zum Regal im Sozialmarkt und darüber hinaus,
hängt alles zusammen. Mal über eine Kette, mal mit einem Faden
und manchmal auch (noch) unerkannt.
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