B2P024 Urs Niggli - Der pragmatische Visionär und die Zukunft der (Bio-) Landwirtschaft
Urs Niggli blickt auf eine bewegte Karriere in der Forschung
zurück. Im Gespräch mit dem pragmatischen Schweizer versuchen wir
die wesentlichsten Aspekte seines Denkens herauszuarbeiten.
Beschreibung
vor 3 Jahren
Prof. Niggli wirkt tiefenentspannt. Im schlichten Wiener
Altbau-Gesprächszimmer des hiesigen FiBL-Standortes
(Forschungsinstitut für biologischen Landbau), welches er 30
Jahre lange geleitet und maßgeblich geprägt hat, sitzt uns ein
freundlich lächelnder, mittel-junger Herr gegenüber. Ohne die
übliche Länge unserer Podcast-Folgen zu kennen, warnt er uns, wir
sollten ihn bremsen, wenn er zu sehr ins Erzählen gerät. Wir
schmunzeln.
Letztes Jahr gab er die Geschäftsführung des FiBL ab und hat sich
seither in eine Art Unruhestand begeben. So wurde er z.B. mit der
Ausrichtung des UN-Welternährungsgipfels im Herbst 2021
beauftragt, berät weiterhin als Obmann das FiBL und gibt
serienweise Interviews. Glück gehabt …
Und er hat ein Buch geschrieben! Keine Fachpublikation von
Wissenschaftlerinnen für Wissenschaftler, sondern vielmehr eine
150-seitige Zusammenschau der Erkenntnisse eines bewegten und
erfolgreichen Forscherlebens. Er blickt jedoch weder im Buch noch
in unserem Gespräch zurück, sondern vielmehr nach vorne. Stellt
er sich doch die Frage, wie wir in den kommenden Jahrzehnten eine
Welt mit bald 10 Milliarden Menschen ernähren werden
können.
Was wir von Urs Niggli nicht erhalten, ist die „Weltformel“. Die
eine Lösung, die für uns alle und überall funktioniert. Gerne
wird sein Ansatz auf „Bio kann die ganze Welt ernähren“
reduziert, gilt er doch als einer der bekanntesten Forscher zum
biologischen Landbau, quasi ein "Bionier". Was dabei aber oft
vergessen wird, ist Urs Niggli, der große Pragmatiker. Wenn wir
einen Versuch unternehmen müssten, seinen Zugang
zusammenzufassen, klänge dies in etwa so: „Schau, was bei dir und
für dich funktioniert. Hast du es gefunden, dann nutze es klug
und verantwortungsvoll.“
Ein logischer Pragmatismus zeichnet ihn also aus und hat ihm
schon den einen oder anderen Shitstorm eingebracht. Bedient er
sich doch in manch ideologisch gespaltener Diskussion der
Instrumente sowohl aus dem weißen wie auch aus dem schwarzen
Körbchen. In Nigglis Körbchen landet dann nebst Bio schon mal die
Genom-Editierung und neben traditionellen Methoden des
Bio-Landbaus auch Satelliten, die Cloud und Big Data.
Im Gespräch hatten wir 2 Stunden Zeit über vieles zu sprechen, um
eine Idee davon zu bekommen, warum Urs Niggli so denkt, wie er
denkt und vor allem auch, wie er dazu kam. Letztlich verlief das
Gespräch mit Urs Niggli wie ein Dialog mit Zuckerbrot und
Peitsche. Wir haben zwei Stunden lang versucht, ihn in eine
Schublade zu bekommen, mussten zum Schluss aber das Kasterl
wegschmeißen.
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