"Was der Einzelne in seinem kleinsten Bereich tut, darauf kommt es an." Begegnungen mit dem Pianisten Jürgen Plich
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Beschreibung
vor 2 Monaten
Den oben vorangestellten Satz spricht Jürgen Plich nicht nur
gegen Ende des nachfolgenden Interviews aus, er lebt ihn auch
sicht- und hörbar, vor allem seit etwa vier Jahren. Er spielt
Klaviermusik, produziert Videos davon und stellt sie in seinen
Youtube-Kanal „Klavierspielkunst Musikvideos“. Aber dort finden
sich nicht nur Musikbeiträge: In der Zeit des erwachenden und
regierungsseits geförderten Denunziantentums sowie der daraus
resultierenden Verunsicherung „machte er sich gerade“ und sprach
Texte klassischer Literatur und Philosophie ein, z. B. ein
Gedicht von Max Kegel „Der Denunziant“, Kurzgeschichten von Franz
Kafka, Ausschnitte aus „Wilhelm Tell“ und dem „Faust“. Er
interviewte fiktiv den Philosophen Immanuel Kant und
spießte – pointiert, aber nicht polemisch – einzelne
Formulierungen auf, z. B. in dem Wortbeitrag „Kann der Staat
Grundrechte 'verleihen'?“ Und ein Video mit Ausschnitten von
Vorträgen Rudolf Steiners „ging viral“.
So versucht Jürgen Plich seinen eingangs erwähnten Satz zu
erfüllen. In den Nachwehen der Auftrittsverbote suchte er neue
Wirkmöglichkeiten – und fand sie vor allem in der Kooperation mit
dem MOVIMENTO im Zentrum Münchens, in dem, wie der Name ja schon
ausdrückt, etwas bewegt wird. Hier hat er sein
„Klavier-Spiel-Museum“ eingerichtet, in dem ein halbes Dutzend
historischer Klaviere und Flügel aus dem halben Jahrhundert
zwischen 1860 und 1910 ausgestellt sind – und zwar nicht nur als
Objekte zum Anschauen. Jürgen Plich spielt darauf, erklärt zu
jedem die Besonderheit der Bauweise und zieht sogar die Mechanik
heraus, damit man in das Innere schauen kann. Als Höhepunkt darf
der Besucher auch darauf spielen – wenn er sich traut und seine
Ehrfurcht davor überwinden kann.
Beim lokalen Sender „Radio München“ gestaltet Jürgen Plich
die wöchentliche Sendereihe „Eine Stunde Klassik“ (die Sendungen
sind ebenfalls auf Youtube eingestellt). Auch hier vermittelt er
seine persönliche Sicht auf die Meisterwerke; überdies scheint er
einen unerschöpflichen Fundus an besonderen, teils auch
historischen Aufnahmen zu haben, der selbst „alte Hasen“ in
Erstaunen versetzt. Und er lässt es sich nicht nehmen, bei dieser
Gelegenheit aktuellen Auswüchsen in der Politik entgegenzutreten
und zu verdeutlichen, dass die Musik stets eine andere, humanere,
klügere Sprache spricht. Sendungen heißen zum Beispiel: „Mann und
Weib und Weib und Mann“(1), „Von Indianern, Mohren und Zigeunern“
oder „Kulturelle Hexenjagd“. Auch lässt er Kollegen zu Wort
kommen, wie den genialen und viel zu früh verstorbenen
Wagner-Erklärer Stefan Mickisch. Ihn stellt er in zwei Sendungen
vor, in denen dieser Wagners Musikdrama „Die Meistersinger von
Nürnberg“ brillant auf dem Klavier „erzählt“ und humorvoll
kommentiert.
(1) eine Textzeile aus dem Duett „Bei Männern, welche Liebe
fühlen“ von Pamina und Papageno aus dem Singspiel „Die
Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart
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