Bio-Bauer gegen Weltkonzern
Ein Landwirt in Lippe will Volkswagen vor Gericht dazu zwingen, ab
2030 keine Verbrennungsmotoren mehr zu bauen. Von einer Niederlage
in erster Instanz lässt er sich nicht abschrecken.
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vor 2 Monaten
Ein Landwirt in Lippe will den Volkswagen-Konzern vor Gericht
dazu zwingen, ab 2030 keine Verbrennungsmotoren mehr zu bauen.
Von einer Niederlage in erster Instanz lässt er sich nicht
abschrecken.
„Ich bin entsetzt, wie wir Christenmenschen diese wunderbare
Schöpfung zugrunde richten“, sagt Ulf Allhoff-Cramer. „Wir
zerstören das, wovon wir leben.“ Der gebürtige Sauerländer war
ursprünglich katholisch, ist aber schon seit längerer Zeit nicht
mehr konfessionell gebunden. Dennoch ist er „ein großer Anhänger
von Jesus und seinen Ideen“.
Weil der Biobauer in Mosebeck bei Detmold die Folgen des
menschengemachten Klimawandels unmittelbar und heftig zu spüren
bekommt, ist er gegen den zweitgrößten Autobauer der Welt vor
Gericht gezogen. Die Umweltorganisation Greenpeace und die
Hamburger Rechtsanwältin Roda Verheyen haben ihn gefragt, ob er
als Kläger auftreten würde. Er fordert VW zu einem vollständigen
Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor bis 2030 auf. „Das mag
verrückt erscheinen“, sagt er, „ist aber angesichts der
dramatischen Entwicklung nach Aussage der Klimaforschung
notwendig.“
Denn die zunehmende sommerliche Dürre bedroht seine Existenz.
Wenn der Regen ausbleibt, wächst kein Futter für seine 25
Mutterkühe, die auf Kleegras- und Kräuterwiesen weiden. 2022
musste Allhoff-Cramer bereits im August damit anfangen, seinen
Rindern das Winterfutter zu geben – normalerweise ist dieser
Zeitpunkt erst im November. Vier der letzten fünf Sommer waren
Dürresommer.
„Unsere Nadelwälder sind dem Wassermangel und der Hitze zum Opfer
gefallen, die Laubwälder waren noch nie in einem derart schlimmen
Zustand. Die Förster sagen: Uns gehen die Baumarten aus, es ist
ungewiss, welche wirklich noch eine Perspektive haben in einer
immer heißeren Welt.“ Das vormals wasserreiche und fruchtbare
Klima in Deutschland sei schon jetzt aus den Fugen.
Die Mühen des Gerichtsverfahrens nimmt Ulf Allhoff-Cramer auf
sich, weil er zutiefst davon überzeugt ist, „dass wir die
Belastbarkeitsgrenzen unseres schönen Planeten respektieren
müssen, wenn wir unseren Kindern eine halbwegs intakte Welt
hinterlassen wollen.“ Er glaubt, Jesus würde heute alles dafür
tun, dass die Schöpfung erhalten bleibt. „Die Klimakrise ist die
größte denkbare Ungerechtigkeit – gegenüber den Nachfolgenden und
schon jetzt gegenüber den Menschen im globalen Süden“, sagt er.
Und: „Die alte Schlange aus dem Paradies flüstert uns heute ein,
dass die zerstörerische Lebensweise unser selbstverständliches
Recht sei. Die Folgen werden schrecklich und brutal sein, wenn
wir nicht schnellstens gegensteuern.“
Gegensteuern würde unter anderem bedeuten: nicht weiterhin Jahr
für Jahr ungebremst Millionen neuer klimaschädlicher Diesel und
Benziner zu verkaufen. Genau das tut der Autobauer aus Wolfsburg.
Der Landwirt findet, Konzerne wie VW sollten aus eigenem
Interesse Klimaschutz betreiben: „Wenn unsere Welt von immer
schlimmeren Katastrophen zerrüttet wird, dann wird es auch keine
erfolgreiche Wirtschaft mehr geben können.“
Wer seine bildschönen Kühe sieht, die duftendes Heu bekommen,
glaubt ihm gerne: „Nur wenn wir den Tieren ein gutes Leben
ermöglichen, kann auch ihr Fleisch ein gutes Lebensmittel sein.“
Von einer ersten Niederlage lässt er sich nicht aufhalten. Am 24.
Februar hat das Landgericht Detmold seine Klage abgewiesen. Es
könne nicht festgestellt werden, dass die von dem Bauern
vorgebrachten Beeinträchtigungen mit den von ihm geforderten
Maßnahmen beseitigt werden könnten. Der Kläger habe nicht
ausgeführt, so erklärte das Gericht, welche wesentlichen
Eigentums- und Gesundheitsbeeinträchtigungen „gerade ihn in einer
um mehr als 1,5 Grad erwärmten Welt treffen sollen, die über
diejenigen hinausgehen, die seinem Vorbringen nach bereits jetzt
eingetreten sind“.
Wenig überraschend: Der VW-Konzern sieht sich nach dem Detmolder
Urteil darin bestätigt, dass Klimaklagen gegen einzelne
herausgegriffene Unternehmen der falsche Weg seien. Es sei „nicht
Aufgabe eines Landgerichts, über solche klimapolitischen Fragen
zu entscheiden“. Dies obliege dem Gesetzgeber.
Allhoff-Cramer hat den Eindruck, dass die Richter die Klimakrise
in ihrer gesamten Dimension nicht verstanden hätten. „Vielleicht
ist ihnen das eine Nummer zu groß.“ Das Unvergleichliche an
dieser Krise: „Sie wird schon bald nicht mehr heilbar sein. Dann
müssen unsere Kinder in einer Welt ständiger ökologischer und
humanitärer Katastrophen leben. Der Menschheit läuft die Zeit
davon.“
Er wird beim Oberlandesgericht Hamm in Berufung gehen.
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