"Es ist kein Vorwurf, wenn die Polizei fragt: Haben Sie sich gewehrt?"

"Es ist kein Vorwurf, wenn die Polizei fragt: Haben Sie sich gewehrt?"

Wer nach sexueller Gewalt Anzeige erstattet, hat einen schwierigen Weg vor sich. Beweissicherung, stundenlange Vernehmungen, psychischer Stress: Wie steht man das durch?
1 Stunde 37 Minuten

Beschreibung

vor 23 Stunden
Nur die Hälfte aller angezeigten Sexualstraftaten landet vor
Gericht, viele Betroffene wenden sich gar nicht erst an die
Polizei. Etwa aus Scham oder Angst davor, was danach passieren
könnte. Die Traumatherapeutin Ingrid Wild-Lüffe und die ehemalige
Staatsanwältin Kirsten Böök beraten Polizei und Justiz: Was braucht
es für sensible Vernehmungen, wie beeinflusst das Erlebte die
Aussage und das Verhalten der Betroffenen – und wie schützt man sie
davor, erneut traumatisiert zu werden? "Betroffene müssen wissen:
Anzeigen haben Risiken und Nebenwirkungen", sagt Wild-Lüffe. Eine
gute Vorbereitung sei wichtig, sagt auch Böök, denn: "Als
Privatperson möchte ich das Beste fürs Opfer, als Staatsanwältin
muss ich die Schuld des Angeklagten feststellen." Und das bedeutet,
dass es Beweise braucht, detaillierte Aussagen und die
Unterstützung aller Beteiligten. Im Gespräch mit den Sexpodcasthost
Melanie Büttner und Sven Stockrahm erklären sie, was es für ein
Strafverfahren braucht und wann es Betroffenen zu viel werden kann.
Mehr zu unseren Gästinnen und weitere Infos - Ingrid Wild-Lüffe ist
psychologische Psychotherapeutin. Sie arbeitet seit mehr als 40
Jahren mit Opfern schwerer Gewalttaten und ist Mitgründerin des
Vereins Trauma Hilfe Zentrum München. - Kirsten Böök ist ehemalige
Staatsanwältin. Aktuell ist sie im niedersächsischen
Justizministerium für die Organisation und Umsetzung des
Opferschutzes in Niedersachsen zuständig. - Im Oktober 2024
erscheint die dritte überarbeitete Auflage des Fachbuchs Trauma und
Justiz – Juristische Grundlagen für Psychotherapeuten –
psychotherapeutische Grundlagen für Juristen von Kirsten Böök und
Ulrich Sachsse. - Im Podcast erwähnt Kirsten Böök Daten zu den
Motiven von Opfern von Sexualdelikten, die nicht anzuzeigen. Dabei
handelt es sich um eine Sonderauswertung des Landeskriminalamtes
Niedersachsen, die nicht veröffentlicht wurde. Die erwähnte
Dunkelfeldstudie ist über das LKA abrufbar. - Die Zahlen zu den
Einstellungen von Verfahren und der Anzahl der Anklagen ergeben
sich aus den Daten des Statistischen Bundesamtes. - In Deutschland
nahmen Polizeidienststellen insgesamt 12.186 Anzeigen auf, in denen
Menschen – vor allem Frauen – angaben, vergewaltigt oder zu
sexuellen Handlungen gezwungen und genötigt worden zu sein, mit
Androhung und tatsächlicher psychischer und körperlicher Gewalt. -
Viele Vergewaltigungen kommen nie vor Gericht. Direkt nach einem
Übergriff gibt es aber Dinge, die Betroffene oder deren Freunde tun
sollten, um später Beweise zu haben. Mehr dazu im
ZEIT-ONLINE-Artikel: Wie man die Chancen erhöht, einen
Vergewaltiger zu überführen Welche Stellen beraten bei
sexualisierter Gewalt? - Das bundesweite Hilfetelefon Gewalt gegen
Frauen ist Tag und Nacht unter der Nummer 116 016 erreichbar –
kostenlos und auf Wunsch anonym. Über die Internetseite können sich
Betroffene zudem online per E-Mail oder Chat beraten lassen. -
Weitere Anlaufstellen per Telefon, Mail oder persönlich sind das
Hilfetelefon Sexueller Missbrauch, das Opfertelefon Weißer Ring
oder die Lara Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt an Frauen
(Berlin). Für Männer gibt es das Hilfetelefon Gewalt an Männern.
Mit dem Beratungsstellenfinder bbf Frauen gegen Gewalt können
Betroffene in einer Suchmaske Hilfe am Ort finden. - Je nach Region
gibt es lokale Frauenhäuser und Beratungszentren. Eine Übersicht
gibt die Frauenhaus Koordinierung. Wo kann man nach einer
Vergewaltigung Spuren sichern lassen? - Gewaltschutzambulanzen
sichern Spuren kostenlos, vertraulich, anonym. Manchmal heißen sie
auch Opferhilfeambulanz oder ähnlich. Auch manche Krankenhäuser,
Frauenarztpraxen oder der Rettungsdienst bieten Spurensicherung an.
Fragt am besten per Telefon nach. - Hier findet ihr die Homepages
der Gewaltschutzambulanz der Charité Berlin und der
Gewaltschutzambulanz Bremen. Mehr Informationen zur ärztlichen
Versorgung nach Vergewaltigungen bieten die Frauenärzte im Netz. -
Hast du den Verdacht, dass dir jemand K.-o.-Tropfen verabreicht
hat, solltest du möglichst schnell eine Blut- oder Urinprobe zur
Untersuchung abgeben. Die Substanzen sind nach wenigen Stunden
nicht mehr nachweisbar. Beratungsstellen und Hilfetelefone geben
Auskunft, wo das möglich ist. Was können Betroffene selbst tun? -
Ein Gedächtnisprotokoll mit Datum schreiben. Erinnerungen jeweils
mit dem aktuellen Datum hinzufügen - Nachrichten mit Datum,
Uhrzeit, Name und Kontext als rechtssichere Screenshots speichern -
Getragene Unterwäsche, Kleidung und Hygieneartikel wie Tampons und
Binden aufbewahren. Ebenso Bettwäsche, Handtücher, die DNA-Spuren
aufweisen können - Idealerweise vor der medizinischen
Spurensicherung nicht duschen und wenn möglich nicht zur Toilette
gehen Weitere Anlaufstellen - Übersicht über die
Opferschutzbeauftagten der Länder - Internetseite des
Opferbeauftragten des Landes Berlin - Informationen der Polizei
Berlin zu Sexualstraftaten - Überblick, was vor einem anstehenden
Gerichtstermin relevant ist Alle Sexpodcastfolgen auch auf
www.zeit.de/sexpodcast. Kennst du unser Buch? Ist das normal?
Sprechen wir über Sex, wie du ihn willst Folge den Sexpodcasthosts,
der Ärztin und Sexualtherapeutin Melanie Büttner und dem
ZEIT-ONLINE-Ressortleiter Wissen, Sven Stockrahm, auf Instagram
unter @dr.melanie.buettner und @svensonst. [ANZEIGE] Mehr über die
Angebote unserer Werbepartnerinnen und -partner finden
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