(59) Sind die „un-vereinigten“ Staaten von Amerika noch zu retten?

(59) Sind die „un-vereinigten“ Staaten von Amerika noch zu retten?

42 Minuten
Podcast
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Sicherheits- und außenpolitische Analysen, Strategien und diplomatische Optionen

Beschreibung

vor 1 Monat
Die Vereinigten Staaten sind in einem Ausmaß zerstritten wie
zuletzt im amerikanischen Bürgerkrieg im 19. Jahrhundert, so
Politikwissenschaftler Stephan Bierling. Die Hauptursache sieht er
in der parteipolitischen Polarisierung, die inzwischen alle
Institutionen und Akteure der amerikanischen Demokratie erfasst
habe. Dabei sind die USA die älteste bestehende Demokratie dieses
Planeten und noch immer Weltmacht Nummer eins, von der gerade
Deutschland profitiert hat. Grund genug, sich die
Polarisierungs-Entwicklung in den USA genauer anzuschauen. Es stehe
bei den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen so viel auf dem
Spiel, dass Professor Bierling sie als „die wichtigsten Wahlen in
meinen Lebzeiten“ bezeichnet. Denn sollte Donald Trump erneut
gewählt werden, würde ein Mann Präsident werden, der „keine
demokratische Faser in seinem Leibe“ habe und der versuchen werde,
„wohlvorbereitet durchzuregieren“. Demgegenüber seien die
Demokraten keine Gefahr für die Demokratie, wenngleich sie Fehler
gemacht und auch zur Polarisierung beigetragen hätten. Im Atlantic
Talk Podcast beleuchtet Moderator Oliver Weilandt mit dem
Politikwissenschaftler eine Reihe von Polarisierungs-Faktoren im
politischen System der USA, die das in der Verfassung fest
verankerte System der checks and balances zunehmend ins Wanken und
die präsidiale Gewalt einseitig gestärkt haben:– Die
Gerichtsbarkeit mit dem Urteil der Straffreiheit für präsidiales
Handeln während der Amtszeit,– der Föderalismus, in dem sich die
Parteien einzelne Bundesstaaten praktisch untertan gemacht haben,–
die Macht reicher Influencer und Medien, die bar jeder Neutralität
nur einem Kandidaten dienen,– die Wahlen, in denen sich durch das
Gerrymandering Politikerinnen und Politiker ihre Wahlkreise
zuschneiden,– das Verhältnis von Legislative und Exekutive, da im
Kongress Blockade statt Mäßigung waltet. Ankündigungen des
Kandidaten Trump, er werde – nach dem Straffreiheitsurteil des
Supreme Court – zur Durchsetzung seiner Interessen nicht davor
zurückscheuen, gegebenenfalls die Nationalgarde einzusetzen und die
Streitkräfte zu säubern, hält der Politikwissenschaftler Bierling
für Fantastereien. Er sieht in den Streitkräften vielmehr einen
Garanten für die Einhaltung der Verfassung und hält
Bürgerkriegsängste für unangebracht. Auch gebe es Tendenzen, die
zurück in Richtung Ausgleich, Kompromiss und Mäßigung wirken.
Bierling verweist zum Beispiel auf das Thema Abtreibungsrecht in
den USA, bei dem sich ein neuer Konsens herauszubilden scheine.
Seine größte Hoffnung setzt er aber auf die demografische
Veränderung: Die USA würden durch Zuwanderung „bunter“. Nicht
zuletzt diese migrantischen Gruppen hätten andere Ziele als die
weißen, ideologischen Eliten. Sie würden „normalere Politik“
bevorzugen und könnten sich damit in einigen Jahren durchsetzen.
Der Ausgang der diesjährigen US-Wahlen bleibt jedenfalls spannend,
und mit einem Tipp zum Ergebnis ist der Politikwissenschaftler
vorsichtig. Aber er verrät, auf wen er eine Flasche Wein gesetzt
hat …

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