Folge 1312: THE SUBSTANCE - Coralie Fargeat geht dahin, wo es wirklich wehtut. Und einen Schritt weiter.
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino
6 Minuten
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Beschreibung
vor 2 Monaten
Das letzte Drittel von THE SUBSTANCE ist derart intensiv, dass
alles, was davor passiert, in der Erinnerung schnell verblasst.
Und das ist das eigentliche Problem dieses Films. Coralie Fargeat
erzählt die Geschichte der erfolgreichen Hollywood-Größe
Elizabeth Sparkle – inklusive Stern auf dem Walk of Fame.
Elizabeth (Demi Moore) wird ausrangiert, einfach nur, weil sie
die magische Grenze von 50 Jahren erreicht hat. Obwohl sie im
Rahmen der biologischen Möglichkeiten das Schönheitsideal des
Showbusiness noch erfüllt und als sportliche Aerobic-Queen wie
einst Jane Fonda eine eigene Sendung hat, soll sie durch eine
viel Jüngere ersetzt werden. Fargeat inszeniert das mit
Froschaugenoptik und unappetitlichen Nahaufnahmen – zum Beispiel
wenn Dennis Quaid Garnelen verschlingt, während er Elisabeth den
Karrieretod verkündet. Aber es gibt einen Ausweg: Die Substanz.
Einmal aktiviert, schlüpft aus dem Rücken von Elizabeth eine
junge, sexy Version von ihr – Sue (Margaret Qualley). Und hier
kippt der bislang so sehenswert inszenierte Film in ein
unsubtiles Duell zwischen Jung und Alt. Denn die wundersame
Verjüngung funktioniert nur, wenn Regeln eingehalten und gerade
Sue bricht die Regeln – mit monströsen Folgen.
Coralie Fargeat wirft sich mit Schwung und einer unübersehbaren
Freude an ekligen Details in das Body-Horror-Genre, sichtlich
bemüht Vorbilder wie DIE FLIEGE von Cronenberg oder DER
ELEFANTENMENSCH von Lynch hinter sich zu lassen und zumindest
quantitativ zu übertreffen. Aus einer prunkvollen
Silvesterfernseh-Gala wird eine derart magenumdrehende Freakshow,
dass alles, wirklich alles, was Fargeat jenseits des Gores im
Film aufgebaut hat, der feministische Ansatz, der Umgang mit dem
male gaze, das alles wird von mehreren tausend Litern Kunstblut
weggeschwemmt. Sie geht dahin, wo es richtig wehtut und dann noch
einen entschiedenen Schritt weiter. Auf der einen Seite mochte
ich den Stilwillen und den schwarzen Humor, auf der anderen Seite
war mir tatsächlich schlecht nach dem Kino. In diesem Zustand
haben wir direkt nach dem Film unseren Podcast aufgenommen und
ich war der einzige, der ein gutes Haar am Film gelassen hat.
Unter anderen haben wir den Film mit TITANE von Julia Ducournau
verglichen, der allerdings viel komplexer und subtiler ist. Am
Mikrofon diesmal: Heidi, Tom, Peter und Thomas.
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