SPEZIAL Demokratie in Gefahr Folge 4/5 - von Fabio Polly

SPEZIAL Demokratie in Gefahr Folge 4/5 - von Fabio Polly

Dem Österreichischen Bundespräsidenten kommt nach der Nationalratswahl 2024 eine besondere Bedeutung zu. Wen soll bzw. kann Bundespräsident Alexander van der Bellen mit der Regierungsbildung beauftragen? Kann er eine Angelobung bestimmter Regierungskonste
36 Minuten

Beschreibung

vor 1 Monat

Dem Österreichischen Bundespräsidenten kommt nach der
Nationalratswahl 2024 eine besondere Bedeutung zu. Wen soll bzw.
kann Bundespräsident Alexander van der Bellen mit der
Regierungsbildung beauftragen? Kann er eine Angelobung bestimmter
Regierungskonstellationen verhindern, ohne dabei eine Staatskrise
auszulösen? Ganz-offen-gesagt-Host Fabio Polly
hat dazu unterschiedliche Meinungen eingeholt und diese Fragen
von mehreren Seiten beleuchtet:


„Der Bundespräsident ist nach der Bundesverfassung völlig frei,
wen er zum Bundeskanzler ernennt und wen nicht“, sagt
Verfassungsrechtsexperte Bernhard Clemenz. Der
Bundespräsident könne ein Bollwerk gegen autoritäre Tendenzen
sein, gleichzeitig können seine Kompetenzen aber auch eine
ziemliche Zeitbombe sein, so Clemenz.


„Der Bundespräsident muss den Obmann oder die Obfrau der
stärksten Partei mit der Regierungsbildung beauftragen“, stellt
Meinungsforscher und Politikwissenschaftler Peter
Hajek klar, „weil das immer so üblich war“.


Bildungsexperte Daniel Landau sieht den
Bundespräsidenten durch die direkte Wahl und der hohen
politischen Bedeutung durchaus dafür legitimiert, den
Regierungsauftrag so zu vergeben, wie er ihn für richtig hält:
„Es erschiene mir wahnsinnig unlogisch, dass die Verfassung
explizit diese Möglichkeit vorsieht, wenn sie dann nicht auch
angewendet werden sollte“. „Durch die Mehrheitsentscheidung für
ihn hat er für mich so etwas für das moralische Recht hier zu
entscheiden“, so Landau.


Ähnlich sieht das der Kabarettist Florian
Scheuba, der auch auf die jüngste Vergangenheit
verweist: „Nachdem der Bundespräsident Herbert Kickl bereits als
Minister aus der Regierung abgelehnt hat – was hat sich seither
geändert?“


Die Kabarettistin Marina Lacković, besser bekannt als
Malarina, hat auf die Frage, ob Bundespräsident
van der Bellen Herbert Kickl im Falle des Falles als
Regierungschef angeloben soll, eine überraschende Antwort: „Bei
der Frage würde ich aus Respekt vor unserem Bundespräsidenten
wirklich gerne passen. Mein Gefühl dabei ist, dass wenn ich mich
in seine Situation versetze, sich bei mir eine ganz große
Überforderung breit macht und ich ungerne mit ihm tauschen
würde“, so Lacković.


Journalist Lucian Mayringer erinnert daran, dass
mit Thomas Klestil schon einmal ein Bundespräsident die Grenzen
seiner Möglichkeiten erfahren hat. Schlussendlich müsse der
Bundespräsident akzeptieren, wenn eine Mehrheit im Nationalrat
eine bestimmte Konstellation bevorzugt. „Dem könnte er sich dann
nicht widersetzen, ohne eine Staatskrise oder auch eine Krise
seines Amtes auszulösen.“


Buchautor und Schauspieler Michael Schottenberg
ortet ebenfalls eine ganz schwierige Situation für den
Bundespräsidenten: „Wenn der Bundespräsident die Macht hat,
jemanden aufgrund seiner politischen Haltung auszuschließen, ist
das zwar richtig, aber trotzdem problematisch.“


„Also wir brauchen einen aktiven Bundespräsidenten und das nicht
nur immer als Ankündigung in Präsidentschaftswahlkampfzeiten“,
findet Politikwissenschafter Peter Filzmaier
klare Worte. Und wenn es womöglich nur ein Tag in seiner Amtszeit
sei, die Angelobung der Regierung sei seine wichtigste Aufgabe.


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