#227 Jens-Christian Wagner – Die Verheißung der Ungleichheit
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vor 1 Monat
Die Zukunft – was für ein Begriff! Sie scheint
weit weg, ungewiss, vielleicht sogar bedrohlich. Doch was wäre,
wenn wir begreifen, dass es nicht die eine Zukunft gibt, sondern
viele? Zukünfte existieren im Plural. Wir haben die Wahl, welche
wir anstreben, welche wir gestalten – und welche wir verhindern
wollen.
Doch diese Wahl ist hart umkämpft.
Jens-Christian Wagner, Leiter der Stiftung Gedenkstätten
Buchenwald und Mittelbau-Dora, sieht in unserer Gesellschaft
einen erbitterten Streit um die Frage, wie unsere Zukunft
aussehen soll. Zwei Modelle prallen aufeinander: ein
demokratisches, rechtsstaatliches und ein autoritäres,
völkisches. Insbesondere in Thüringen und Sachsen, wo die AfD bei
den letzten Landtagswahlen starke Ergebnisse erzielte, ist dieser
Konflikt greifbar. "Es stehen tatsächlich verschiedene Modelle
der Zukunft zur Wahl", sagt Jens-Christian – und erinnert daran,
dass das autoritäre Modell auf historischen Vorbildern fußt, die
wir nie wieder erleben wollen.
Jens-Christian, der seit Jahrzehnten in der Gedenkstättenarbeit
tätig ist, spricht eindringlich über die Bedeutung der
Erinnerungskultur. Für ihn reicht es nicht, nur über die
Opfer des Nationalsozialismus zu trauern. Wir müssen auch über
die Täter, Mittäter und Profiteure sprechen. Wer waren sie? Warum
haben sie mitgemacht? Und was können wir daraus für die Gegenwart
und Zukunft lernen? Diese Fragen sind zentral, wenn wir begreifen
wollen, wie Gesellschaften in den Abgrund geraten und wie wir
verhindern, dass sich Geschichte wiederholt.
Aber wie vermittelt man solch komplexe Themen?
Die Gedenkstätten in Buchenwald und anderswo haben ihre
Bildungsarbeit umgestellt. Statt kurzer Führungen, die oft wenig
Nachhall haben, setzen sie auf intensive Projekte, die tiefes
Nachdenken und Reflexion ermöglichen. Das Ziel: Die Besucher
sollen nicht nur über die Vergangenheit urteilen, sondern auch
über die Gegenwart und Zukunft. Jens-Christian bringt es auf den
Punkt: "Geschichte begreifen, für die Zukunft handeln."
Ein Blick in die politische Landschaft zeigt jedoch, dass
Wissen allein nicht ausreicht. Rechte Parteien, allen
voran die AfD, nutzen Emotionen wie Angst und Wut, um Wähler zu
mobilisieren. Fake News und Desinformation spielen dabei eine
zentrale Rolle – oft erfolgreicher, als man zugeben möchte.
Jens-Christian sieht darin eine gefährliche Entwicklung, die es
zu bekämpfen gilt. "Wir dürfen den Populisten und
Verschwörungstheoretikern nicht das Feld überlassen", mahnt er.
Doch bloße Fakten genügen nicht. Jens-Christian und Michael sind
sich einig: Es braucht positive Emotionen, Optimismus und eine
klare Vision einer besseren Zukunft, um die Menschen für eine
demokratische Gesellschaft zu gewinnen.
Denn am Ende, so Jens-Christian, geht es darum, welche Zukunft
wir uns vorstellen und welche wir gestalten wollen. Eine Zukunft,
in der die Würde jedes Menschen geachtet wird. Eine Zukunft, die
demokratisch, friedlich und menschlich ist. Oder, wie
Jens-Christian es formuliert: „Zukunft ist nichts, was man
fürchten muss. Sie ist etwas, auf das wir uns freuen können, weil
wir sie selbst in der Hand haben.“
Zu Gast: Prof. Dr. Jens-Christian Wagner,
Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora
und Professor für Geschichte in Medien und Öffentlichkeit an der
Friedrich-Schiller-Universität Jena.
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