Anerkennung von Versagen der Evangelischen Kirche. Lothar Rochau über Einmischung und Aufarbeitung

Anerkennung von Versagen der Evangelischen Kirche. Lothar Rochau über Einmischung und Aufarbeitung

Beschreibung

vor 1 Tag

Sein Vater war SED-Funktionär, aber Lothar Rochau ging eigene
Wege. Langhaarig trampte er durchs Land, begeisterte sich für
Blues und wurde Christ. Als Diakon organisierte er die offene
Jugendarbeit in Halle-Neustadt. Bald kamen Hunderte Jugendliche:
Hier gab es Musik, Kunst und Literatur, die mit ihrer Sinnsuche
zu tun hatten. Auch Texte und Bilder, die in der DDR verboten
waren. Die Stasi spitzelte und manipulierte. Rochaus
Pfarrer-Kollegen im Neubaugebiet waren ohnehin eher staatsnah,
und die Kirchenleitung schützte ihn und seine Arbeit nicht. Er
wurde entlassen, verhaftet und zur Ausreise gedrängt. Sein Anwalt
war Stasi-Spitzel; der Personalchef seiner Landeskirche war
Stasi-Offizier im besonderen Einsatz. Bereits November 1989 zog
Rochau wieder in die DDR. Die Kirche aber wollte ihn auch jetzt
nicht. Er wurde Jugendamtsleiter und kämpfte jahrzehntelang um
Schuldbekenntnis und Entschädigung seitens der Kirche.


Die Evangelische Kirche Mitteldeutschland (EKM) richtete bislang
als einzige Landeskirche ein Entschädigungs- und
Anerkennungsverfahren für kirchliches Versagen und Mitschuld an
DDR-Unrecht ein. Anträge konnten bis Ende April 2023 gestellt
werden, der Abschlussbericht erscheint demnächst. Hier geht's zu
einem Überblicksbeitrag:
https://www.deutschlandfunk.de/evangelische-kirche-und-ddr-unrecht-gedemuetigt-100.html
 


Die Interviewerin nimmt mehrfach Bezug auf das Buch, in dem
Lothar Rochau seine Erinnerungen veröffentlicht hat:
https://www.mitteldeutscherverlag.de/geschichte/kulturgeschichte/rochau,-lothar-marathon-mit-mauern-detail


Lothar Rochau lud die Sängerin Bettina Wegner
(http://www.bettinawegner.de/) zu einem Werkstatttreffen der
offenen Arbeit ein, als diese Auftrittsverbot in der DDR hatte.
Dort sang sie auch dieses Lied:
https://www.youtube.com/watch?v=fcdkwdfz0GA 


Lothar Rochau lernte als Jugendlicher den damaligen Schuhmacher
und späteren Pfarrer Oskar Brüsewitz kennen, der sich später aus
Protest gegen das Regime selbst verbrannte:
https://www.stasi-mediathek.de/themen/person/Oskar%20Br%C3%BCsewitz/


Rochau erwähnt Spannungen mit Mitgliedern der staatsnahen
„Christlichen Friedenskonferenz“ (CFK), die z.B. den Einmarsch
der Warschauer Vertragsstaaten in die CSSR 1968 begrüßten und
individuell Privilegien genossen: https://taz.de/!1659724/


Überblick und historische Analyse zur offenen Jugendarbeit der
Ev. Kirche in der DDR: www.bpb.de/242954

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