Abschied aus der hypermoralisierten Mediengesellschaft
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Beschreibung
vor 1 Monat
Ganz egal, ob es um Donald Trump und Kamala Harris geht, um den
Ausbau von Autobahnen und den Mieterschutz oder um das Bündnis
Sarah Wagenknecht und die AfD – die moralische Aufregung ist
immer maximal gross. Willkommen in der hypermoralisierten
Mediengesellschaft. Der Grund ist simpel: Dringlichkeit, Gefahr
und der ultimative Appell an die Moral holen viel mehr
Aufmerksamkeit als nüchterne Analysen und eine sachliche
Auseinandersetzung. Das Problem dabei ist, dass die Realität mit
der Aufregung kaum mithalten kann. Erstens kommt es anders und
zweitens meist langsamer, als die Medien warnen. In der
Bevölkerung löst die überhandnehmende Moral-Kommunikation deshalb
vor allem Misstrauen aus. Die chronische Moralisierung von
Politik und Medien führt zur Demoralisierung der Gesellschaft.
Gerade angesichts des Aufschwungs extremer Parteien, angesichts
der problematischen Ministerkandidaten in den USA und vor
schwierigen Abstimmungen in der Schweiz sollten wir dringend
moralisch abrüsten und uns mit der Sache auseinandersetzen.
Analytisch scharf, gedanklich durchdringend, aber ohne moralische
Appelle. Es ist Zeit für einen Abschied aus der
hypermoralisierten Mediengesellschaft.
Matthias Zehnder ist Autor und Medienwissenschaftler in Basel. Er
ist bekannt für inspirierende Texte, Vorträge und Seminare über
Medien, die Digitalisierung und KI.
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