Behinderungsbedingte Aufwendungen beim Kindergeld, Aufwendungen für Insolvenzverfahren als WK und VGA und verdeckte Einlagen | Steuernachrichten Update 47/24
Ermittlung behinderungsbedingter Aufwendungen beim Kindergeld, Kein
Werbungskostenabzug für durch Insolvenzverfahren verursachte
Aufwendungen und Verdeckte Gewinnausschüttung und verdeckte Einlage
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Beschreibung
vor 2 Wochen
Die Klägerin Tina ist Mutter der im Streitzeitraum 2018
59-jährigen Tochter Clara. Clara lebte im Jahr 2018 in einer
eigenen Wohnung. Es war für Sie ein Grad der Behinderung von 80
festgestellt worden. Tina erhielt Kindergeld für Clara. Seit Juli
2018 bezog Clara eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von 1.065,61
€ brutto pro Monat. Die Familienkasse hob den Kindergeldbescheid
auf mit der Begründung, dass Clara in der Lage sei, sich selbst
zu unterhalten. Diese Definition, die sich ebenfalls auf den
Kinderfreibetrag übertragen lässt und im § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3
EStG zu finden ist, führt immer wieder zu Schwierigkeiten. Denn
ab wann genau, ist ein Kind in der Lage, sich selbst zu
unterhalten?
Tina reichte Einspruch ein und fügte unter anderem eine
Fahrtkostenaufstellung bei. Die Familienkasse wies den Einspruch
als unbegründet zurück. Das Finanzgericht gab der Klage statt und
stellte die Aufwendungen den Einnahmen gegenüber, woraus sich
eine monatliche Unterdeckung ergab, allerdings nur geringfügig.
Es wurden pauschale monatliche Fahrtkosten von 75 €
angesetzt.
Der BFH kam jetzt zu einem anderen Ergebnis. Unstreitig war, dass
grundsätzlich ein Anspruch auf Kindergeld besteht, da bei Clara
eine Behinderung vorliegt und diese vor dem 25. Lebensjahr
eingetreten ist. Die Fähigkeit des Kindes zum Selbstunterhalt ist
anhand eines Vergleichs zweier Bezugsgrößen zu prüfen, nämlich
des aus dem Grundbedarf und dem behinderungsbedingten Mehrbedarf
bestehenden gesamten existenziellen Lebensbedarfs des Kindes
einerseits und seiner finanziellen Mittel andererseits. Diese
Prüfung hat für jeden Monat gesondert zu erfolgen. Der
behinderungsbedingte Mehrbedarf umfasst Aufwendungen, die gesunde
Kinder nicht haben. Dazu gehören alle mit einer Behinderung
zusammenhängenden außergewöhnlichen Belastungen, insbesondere
solche für Hilfen bei den gewöhnlichen und regelmäßig
wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, ebenso zum
Beispiel auch Wäsche, Erholung und typische
Erschwernisaufwendungen.
Diese können einzeln nachgewiesen oder mit dem maßgeblichen
Pauschbetrag angesetzt werden. Werden die behinderungsbedingten
Mehraufwendungen nicht im Einzelnen nachgewiesen, sondern der
maßgebliche Behinderten-Pauschbetrag angesetzt, können daneben
nicht zusätzlich Aufwendungen angesetzt werden, die entweder
bereits durch den Pauschbetrag für den Grundbedarf oder den
Behinderten-Pauschbetrag abgegolten werden. Unter bestimmten
Voraussetzungen können behinderungsbedingte Fahrtaufwendungen
neben dem Behinderten-Pauschbetrag geltend gemacht werden, soweit
sie nachgewiesen oder glaubhaft gemacht worden und angemessen
sind.
Im Urteilsfall hatte der BFH einen zusätzlichen Ansatz pauschaler
Fahrtkosten (3.000 km pro Jahr) nicht zugelassen, was dazu
führte, dass Clara laut Aufstellung in der Lage war, sich selbst
zu unterhalten und Tina für sie somit korrekterweise kein
Kindergeld mehr erhielt. Die Sache wurde aber an das
Finanzgericht zurückverwiesen, um zu klären, welche der
tatsächlich nachgewiesenen Fahrtkosten auch wirklich
behinderungsbedingt gewesen sind.
Praxishinweis:
Ab dem Veranlagungszeitraum 2021 gilt der § 33 Abs. 2a EStG. Bei
einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder einem Grad der
Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“ oder den
Merkzeichen „aG“, „BI“, „TBI“ oder „H“, kann eine
behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale in Höhe von 900 € bzw.
4.500 € pro Jahr angesetzt werden. Abweichend ist auch der Ansatz
tatsächlich nachgewiesener behinderungsbedingter Fahrtkosten
möglich.
Fazit:
Ist ein behindertes Kind in der Lage, sich selbst zu unterhalten,
besteht kein Anspruch auf Kindergeld. Bei der Ermittlung werden
Aufwendungen und finanzielle Mittel des Kindes
gegen-übergestellt. Ein Ansatz pauschaler Fahrtkosten erfolgt nur
unter bestimmten Voraussetzungen und erst ab dem
Veranlagungszeitraum 2021.
BFH-Urteil v. 10.07.2024, III R 2/23
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