Zeit, dass sich nichts dreht | Von Roland Rottenfußer

Zeit, dass sich nichts dreht | Von Roland Rottenfußer

26 Minuten

Beschreibung

vor 3 Tagen

Es herrscht große Aufregung, weil Olaf Scholz seine Amtszeit
künstlich zu verlängern versuchte — viel schlimmer ist jedoch,
dass die realistischen Machtalternativen dürftig ausfallen.


Ein Standpunkt von Roland Rottenfußer.


Da macht Olaf Scholz nach mehr als drei Jahren Politik-Murks
einmal etwas richtig — nämlich die Ankündigung, mittels der
Vertrauensfrage Neuwahlen herbeizuführen. Und dann versaut er
alles, indem er den Ablauf verzögert. Was ist er jetzt in seinen
letzten drei oder vier Amtsmonaten? Der Begriff „Lame Duck“ wäre
eine Beleidigung für eine liebenswerte Wasservogel-Spezies. Dabei
ist es nicht das Schlimmste, dass dieses böse Spiel jetzt noch in
die Verlängerung geht; schlimmer ist, dass nicht unbedingt etwas
Besseres nachkommt. Dem Kriegsgott jedenfalls ist es letztlich
egal, wer unter ihm regiert — Friedrich Merz oder Boris Pistorius
sind ihm auch recht. Ähnlich verhält es sich mit dem Großkapital.
Es weiß, dass seine Interessen bei allen infrage kommenden
Kandidaten gut aufgehoben sind. „Eine neue Liebe ist wie ein
neues Leben“ heißt es in einem Schlager von Jürgen Marcus. Man
könnte das mit Blick auf die politische Lage so variieren: „Eine
neue Regierung ist eine neue Katastrophe.“ Aber auch eine neue
Chance, könnte man hinzufügen. Größere Teile der Bevölkerung
könnten endlich aus Schaden klug werden und damit beginnen,
dieses Herrschaftssystem als Ganzes infrage zu stellen, anstatt
sich damit zu begnügen, dass dieses aller Voraussicht nach bald
die Farbe wechseln wird.


Wie reagiert man, wenn ein künftiger Altkanzler den Raum betritt,
jemand, den man im historischen Rückblick vielleicht als den
SchleKaZ — den schlechtesten Kanzler aller Zeiten — betrachten
wird? Die Antwort der versammelten Runde in der SPD-Fraktion nach
dem Ampel-Aus war: ohrenbetäubender Jubel. Die
Scholz-Domestiken kriegten sich gar nicht mehr ein vor lauter
Begeisterung. Dabei hatte ihr Frontmann nicht nur nach Ansicht
seiner zahllosen Kritiker verspielt — auf seine Anhänger warten
im neuen Jahr vielleicht Opposition und sicher ein großer
Bedeutungsverlust. Das groteske Schauspiel erinnerte eher
an Jubelorgien nordkoreanischer Machart als an eine
angemessen demütige Reaktion auf ein großes Scheitern im Rahmen
des hartnäckig „unsere Demokratie“ genannten Staatswesens.


Scholz hatte am Mittwoch, dem 6. November 2024, seinen
langjährigen Weggefährten Christian Lindner auf rüde Art
abgekanzelt, wie es unter „seriösen“ Politikern äußerst selten
vorkommt, erst recht unter Menschen mit eher gedämpftem
Temperament. Der Grund für das Donnerwetter schien auf der Hand
zu liegen: Scholz brauchte einen Sündenbock für ein Scheiten, das
nicht eine, sondern drei Parteien zu verantworten hatten — am
meisten er selbst. Er wollte sich in Stellung bringen für einen
Wahlkampf, der von jenem Tag an auch ein Wahlkampf gegen FDP und
Grüne sein würde. „Vertrauensbrecher“ (Scholz über Lindner)
prallte auf „matte, uninspirierte“ Politik (Lindner über Scholz).
Alle Vorwürfe, die erhoben wurden, mochten zutreffen. Wir
langjährigen Kritiker können uns nun durch die Protagonisten des
Desasters selbst in unserem Urteil bestätigt fühlen. Nur kommt
das alles viel zu spät — nachdem das Land an den Rand des
Abgrunds geführt wurde —, und nie zeigt sich der Redner fähig zur
Selbstkritik...


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