Aserbaidschan pflegt "engste Bande" zu Russland

Aserbaidschan pflegt "engste Bande" zu Russland

40 Minuten

Beschreibung

vor 1 Monat

Die Flame Towers in Baku sind mehr als markante Wolkenkratzer:
Die drei Hochhäuser symbolisieren dank nächtlicher Lichteffekte
zündelnde Flammen - und sind Symbol dafür, wie die Republik
Aserbaidschan wirtschaftlich tickt: Das Land im Südkaukasus
verfügt über Öl und Gas - und Aserbaidschans Exportwirtschaft
basiert zu 90 Prozent auf diesen fossilen Energierohstoffen.


Für den Politologen Hannes Meissner stärkt der Reichtum an
Ressourcen nicht nur das Wirtschaftssystem des Landes, sondern
auch die Macht des Präsidenten Ilham Aliyev: "Öl- und
Gasressourcen werden dazu verwendet, das autoritäre
Herrschaftssystem zu unterhalten und zu stabilisieren", erklärt
Meissner im Podcast "Wirtschaft Welt & Weit".


Meissner ist Experte für postsowjetische Länder an der Hochschule
für Wirtschaft, Management und Finance sowie an der Universität
Wien. Außerdem berät er Unternehmen zu politischen
Risikomanagementstrategien in diesen Ländern. 2008 und 2009 war
er selbst einige Zeit in Baku vor Ort und hat erlebt, wie dort
die ersten Hochhäuser errichtet wurden. "Das war die Zeit, als
das große Öl- und Gasgeld gerade das Land geflutet hatte",
erzählt er in der neuen Podcast-Folge. "Der Repressionsapparat
wurde ausgebaut, genährt aus Einkünften aus dem Öl- und
Gasexport", so Meissner. Mit gravierenden Folgen: "Die
Zivilgesellschaft wurde langsam zur Ruhe gestellt, inhaftiert,
aus dem Land gedrängt und nach 2012 dann de facto auch völlig
zerschlagen", so der Experte.


Mit Großveranstaltungen wie der UN-Klimakonferenz, dem Eurovision
Song Contest oder großen Sportereignissen gibt sich Baku
heutzutage gerne einen modernen Anstrich. Doch hinter der Fassade
regiert Präsident Aliyev das Land mit harter Hand. Zu Russland
unterhält Aserbaidschan dabei ein gutes Verhältnis. Meissner
spricht von "engsten Beziehungen" zwischen beiden Ländern: Eine
postsowjetische, russischsprachige Elite beherrsche das Land und
teile geschäftliche Interessen. "Im gegenwärtigen geopolitischen
Konflikt mit dem Westen und im Ukraine-Krieg kann sich Russland
ganz auf die Unterstützung Aserbaidschans verlassen", so
Meissner.


Und der Westen? Durch den Ukraine-Krieg hat Aserbaidschan für die
Europäische Union als alternativer Gaslieferant zu Russland an
Bedeutung gewonnen. Förderkapazitäten sollten ausgebaut werden,
doch es fehlte die nötige Infrastruktur für den Transport in die
EU. "Auffällig war allerdings, dass nach Abschluss dieses
Abkommens Aserbaidschan auch mit Russland ein Abkommen
geschlossen hat über die Einspeisung russischen Gases ins
aserbaidschanische Pipelinesystem", so der Politologe: "Und so
ist es jetzt alles andere als ein Geheimnis, dass auch russisches
Gas über Aserbaidschan nach Europa fließt."


Das Spannungsfeld ist klar: Einerseits ist Aserbaidschan ein
wichtiger Energielieferant, andererseits ein autoritär regierter
Staat, der keinerlei Kritik zulässt. In der neuen Podcast-Folge
spricht Host Andrea Sellmann auch über die Risiken, die deutsche
Unternehmen sehen müssen, wenn sie mit Aserbaidschan
wirtschaften. Von Bakus imposanten Flame Towers sollten sie sich
jedenfalls nicht blenden lassen.


Schreiben Sie Ihre Fragen, Kritik und Anmerkungen gerne an
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