Eurasien organisiert sich selbst, während Europa sich kastriert | Von Ralph Bosshard
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vor 3 Wochen
Ein Kommentar von Ralph Bosshard.
Von der deutschsprachigen Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet –
oder vielleicht auch willentlich ignoriert – fand Ende
vergangener Woche in der belarussischen Hauptstadt Minsk schon
die zweite Konferenz für eurasische Sicherheit statt, an welcher
600 Vertreter aus 40 Staaten über die zukünftige Ausgestaltung
der Sicherheit auf der größten Landmasse der Erde diskutierten
. Umso mehr erstaunt die Abwesenheit wichtiger Akteure,
die einen Führungsanspruch in der Weltpolitik erheben: Es fehlten
weitgehend offizielle Vertreter aus Westeuropa und Nordamerika,
ebenso wie solche aus der Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa OSZE. Das gibt vielleicht schon einmal
einen Vorgeschmack auf die Rolle, welche namentlich Westeuropa in
der Weltpolitik in Zukunft noch spielen könnte. Hat sich Brüssel
soeben selbst kastriert?
An mangelnder Relevanz des eurasischen Raums kann es nicht
gelegen haben. Dass Eurasien als Weltregion relevant ist, wird
auch ohne die Geopolitik-Theorien von Alfred Thayer Mahan,
Halford Mackinder oder in neuerer Zeit auch von Zbigniew
Brzeziński klar, wenn man sich verdeutlicht, dass in diesem Raum
– unabhängig davon wie man ihn nun genau definiert – die Mehrheit
der Weltbevölkerung lebt und der Großteil der natürlichen
Ressourcen der Welt zu finden ist. Er dürfte auch der
Hauptschauplatz künftiger Konflikte werden, denn hier harren
zahlreiche ungelöste Probleme einer Regelung. Dazu kommt, dass in
naher Zukunft wohl die Mehrzahl der strategischen Waffen hier
stationiert werden wird, sowohl konventionelle wie auch nukleare,
wobei gerade letztere in einem Ausmaß aufgestellt sein werden,
das geeignet ist, im Falle eines Atomkriegs den gesamten Erdball
unbewohnbar zu machen. Es lohnt sich folglich, sich mit den
Ambitionen der Staaten des eurasischen Raums zu beschäftigen.
Vielfalt statt Rivalität
Der Wunsch, sich zu organisieren, zeigt sich in erster Linie in
der Absicht, eine Charta der Vielfalt und der Multipolarität zu
kreieren, eine Idee, die anlässlich der ersten Konferenz über
eurasische Sicherheit im vergangenen Jahr entstanden war. Dieser
Wunsch zeigt sich aber auch in der Revitalisierung der
Gemeinschaft Unabhängiger Staaten GUS, deren Generalsekretär an
der Konferenz auftrat, und der Präsenz der Generalsekretäre der
Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit SOZ, der Organisation
des Vertrags über kollektive Sicherheit OVKS ,
der Konferenz für Interaktion und vertrauensbildende
Maßnahmen in Asien CICA und anderer. Mit der
unterschiedlichen Ausrichtung dieser Organisationen sind auch die
Dimensionen der Zusammenarbeit im Rahmen der Charta skizziert und
damit auch das Verständnis von Sicherheit, welches der Konferenz
zugrunde liegt:
Es geht um weit mehr als militärische Fragen, sondern primär um
Fragen von Wirtschaft, innerer Sicherheit, Diplomatie und
Außenpolitik.
Vielsagend war auch die Diskussion über die Zukunft der OVKS, die
im Rahmen der Konferenz geführt wurde. Primäres Anliegen scheint
hier die Schaffung gemeinsamer Analyse-Kapazitäten zu sein und
weniger von zusätzlichen militärischen Fähigkeiten, welche ja in
der NATO in der Regel im Vordergrund stehen. Auch wenn eine
Ausweitung des Sicherheitsbegriffs nicht zu einer umfassenden
Mobilisierung der Bevölkerung führen darf, ist eine einseitige
Fokussierung des Begriffs der Sicherheit auf militärische
Sicherheit sicher falsch, weil anachronistisch...
hier weiterlesen:
https://apolut.net/eurasien-organisiert-sich-selbst-wahrend-europa-sich-kastriert-von-ralph-bosshard/
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