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Beschreibung
vor 4 Wochen
Zwei Menschen treffen aufeinander, aus verschiedenen sozialen
Milieus in Dublin stammend: Mrs. Sinico ist die Ehefrau eines
Frachter-Kapitäns, der sehr viel unterwegs ist – Mr. Duffy ist
ledig, ein Bank-Angestellter mit einem deutlichen Hang zur
Ordnung und zum Biederen. Er lebe „in Entfernung zu sich selbst“,
heißt es, seine Vergangenheit sei „eine Geschichte ohne
Abenteuer“. Doch dann ist er beeindruckt von ihrer Unbefangenheit
und auch von ihrer Körperlichkeit, die er als herausfordernd
empfindet. Er leiht ihr Bücher – sie lehrt ihn, sich zu öffnen.
Er ist der Bedächtige, Intellektuelle, der nun spürt, dass sein
bislang rein „geistiges Leben“ zu einem „Gefühlsleben“ wird – sie
wirkt von Beginn an geerdet, wie eine Frau der Emotionen und der
Tat. Und so ergreift sie eines Abends auch körperlich die
Initiative. Doch das ist ihm zu viel. Das hält er nicht aus. Das
kennt er wohl auch nicht. Die Folgen sind ein vehementes
Abwehrverhalten und Gefühlskonflikte in Duffy, uneinlösbare
Wünsche auf ihrer Seite. Einmal sehen sie sich noch. Dann nie
wieder. Er wollte das so.
Nicht vom Erzähler beschrieben werden die Vorgänge, die zur
Katastrophe führen, zum Tod der Mrs. Sinico vier Jahre später.
Die Schilderung überlässt Joyce einem fiktiven Zeitungsartikel,
den er in den Text montiert, inklusive Polizeibericht und
allerlei sachbezogenen Aussagen. Es war wohl ein Unfall.
Vielleicht mit suizidaler Komponente. Duffy jedenfalls gerät nach
der Nachricht in einen Gefühlsstrudel aus Schuld und Schmerz,
Selbstvorwürfen und auch Vorwürfen an die Verstorbene, die
offenbar Suchtprobleme hatte. Und dann spürt er nur noch
Einsamkeit.
„A painful case“ (so der Originaltitel, der viel besser als die
Titel aller Übertragungen ins Deutsche passt) ist eine Geschichte
des Scheiterns und des Schmerzes, des Wollens, aber Nicht-Könnens
– nirgendwo kitschig, immer psychologisch glaubwürdig, sprachlich
dicht, nachvollziehbar. Sie erschien erstmals 1914 im Buch
„Dubliners“ – zusammen mit weiteren Erzählungen. Dies war die
Eröffnung einer Weltkarriere auf dem Gebiet der Literatur. Einige
Jahre später erschien Joyce’ Jahrhundertroman „Ulysses“.
Eine Anmerkung noch zu einem kuriosen Übersetzungsdetail: In
jener deutschen Fassung, die unserer Aufnahme zugrunde liegt,
steht geschrieben, dass Mrs. Sinico die Hand des Mr. Duffy „an
ihre Brust“ führte. Jedoch unterlag der Übersetzer hier offenbar
dem Phänomen des Fehllesens, denn im Original lesen wir an dieser
Stelle „cheek“, nicht „chest“ – also von ihrer Wange, nicht von
ihrer Brust. Wir wollen hier gar nicht mit Spekulationen darüber
beginnen, was den Übersetzer zu dieser erstaunlichen Fehlleistung
verleitet hat. Das bleibt im Dunkeln. Jedenfalls ist die
Differenz nicht gerade gering, keine Kleinigkeit, wenn man drüber
nachdenkt … In späteren deutschen Versionen wurde das korrigiert.
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