Stefanie Sargnagel über Humor, Armut, Freundschaft und unsentimentales Schreiben

Stefanie Sargnagel über Humor, Armut, Freundschaft und unsentimentales Schreiben

56 Minuten

Beschreibung

vor 2 Wochen
Diesmal ist Stefanie Sargnagel zu Gast bei DEAR READER. Sie ist die
perfekte Gesprächspartnerin für die letzte Folge in diesem Jahr und
muss uns jetzt auch noch durch die dreimonatige Winterpause tragen.
Das kann sie. Ihr aktuelles Buch „Iowa“, das Ende letzten Jahres
bei Rowohlt erschienen ist, ist der Bericht einer Reise an ein
Liberal Arts College im Mittleren Westen, wo Stefanie Sargnagel
eingeladen wurde, ein bisschen zu unterrichten und ein bisschen zu
schreiben, mitten im Nirgendwo von Iowa. Was für ein großes Talent
Stefanie Sargnagel ist, zeigt sich spätestens mit diesem
autofiktionalen Text, in dem es ihr, je weniger tatsächlich
passiert, gelingt, ALLES, jedes Minidetail interessant erscheinen
zu lassen. Mit ihrem Sprachwitz, ihrer Schonungslosigkeit sich
selbst gegenüber, ihrem präzisen und harten Humor. Christiane
Rösinger, die legendäre Musikerin, man erinnert sich vielleicht an
die Lassie Singers oder die Band Britta (die ich sehr liebe) oder
ihre Soloabende, die Flittchenbar, Klassenrevuen und andere
Showformate, ist neben der Autorin und ihrer Mutter die Hauptfigur
in Iowa. Christiane Rösinger selbst schreibt nicht nur sehr gute
Songtexte, sondern auch fantastische Anti-Beziehungsratgeber und
Romane. Sie ist das lustigste schlecht gelaunte Showpony und die
heimliche Königin der mittelalten Berliner Bohème, das Vorbild für
uns musikbegeisterte Frauen in den 90ern. Und weil sie ihre
Freundin Stefanie Sargnagel zwei Wochen lang nach Iowa begleitet
hat, hat sie dem Buch nicht nur korrigierende Fußnoten hinzugefügt,
sondern spielt auch die Hauptrolle in dem Roman, der auf der
Longlist für den Deutschen Buchpreis 2024 stand. Die Freundschaft
dieser beiden so unterschiedlichen und doch so ähnlichen Frauen,
die Mutter und Tochter sein könnten, ist wirklich wunderbar zu
lesen. Wir haben es mit einem Liebesbrief zu tun, auch wenn er
unerbittlich ist. Stefanie Sargnagel hat mir einen Songtext von
Christiane Rösinger mitgebracht. „Liebe wird oft überbewertet“ von
1996. Unter dem gleichen Titel hat sie auch einen
Anti-Beziehungsratgeber veröffentlicht. Ausgewählte Songtexte von
Rösinger sind im Ventil Verlag unter dem Titel „Was jetzt kommt“
erschienen. Mitgebracht hat Stefanie auch Mundartgedichte für
Erwachsene von Christine Nöstlinger. Sie wohnte in derselben Straße
in Wien, in der Stefanie Sargnagel aufgewachsen ist und hat die
Autorin nicht nur deshalb stark geprägt. "Iba de gaunz oamen
Kinder“ heißt der Gedichtband von Christine Nöstlinger, der im
Wiener Dialekt transkribiert wurde und zuerst im Verlag Jung und
Volk und jetzt wieder im Residenz Verlag erschienen ist. Stefanie
Sargnagel liest, Gott sei Dank, ein Gedicht vor, zitiert es fast
auswendig und übersetzt es für uns, Mascha Jacobs blamiert sich
schon, wenn sie nur versucht, den Titel richtig auszusprechen. Sie
sprechen über Shows, Hick Hack, Altersunterschiede, unsentimentale,
präzise Sprache, Gerechtigkeit, Demütigungen und indirekte
Prägungen. Sie erzählt, dass sie als Kind Kinderbuchautorin werden
wollte, wie Christine Nöstlinger, und warum sie das jetzt nicht
mehr will. Über die langen Zehenhaare des neuen Muttertyps in einer
Geschichte von Christine Nöstlinger und die unterschiedliche
Wahrnehmung von Situationen. Über bitterbösen Humor, Langeweile,
Mündlichkeit in der Literatur, Sprachmelodien, Haltungen und
Vorurteile.

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