Datenmissbrauch gestern und heute

Datenmissbrauch gestern und heute

Mit Markus Sailer, Holger Bleich und Joerg Heidrich
1 Stunde 8 Minuten

Beschreibung

vor 6 Tagen
Die Macht von Daten wird oft erst dann sichtbar, wenn sie
missbraucht wird. In Episode 125 des c't-Datenschutz-Podcasts
werfen Holger, Joerg und der Datenschutzbeauftragte Markus Sailer
einen Blick zurück auf historische Beispiele, in denen Staaten ihre
Datensammlungen zur gezielten Verfolgung von Bevölkerungsgruppen
genutzt haben. Ein besonders bekanntes Beispiel ist die
Volkszählung von 1939 im nationalsozialistischen Deutschland. Mit
Hilfe von Lochkarten und Hollerith-Tabelliermaschinen erfassten die
Nazis damals die Religionszugehörigkeit der Bürger. In
Ergänzungskarten wurden "Mischlinge" "Volljuden", "Geltungsjuden"
und "Glaubensjuden" gemäß der Nürnberger Rassengesetze von 1935
systematisch erfasst. Die Daten bildeten später die Grundlage für
die Deportation von Juden in Konzentrationslager. In anderen
Staaten wie den Niederlanden fielen solche Datensammlungen den
deutschen Besatzern in die Hände und wurden für
Verfolgungsmaßnahmen missbraucht. Ein weiteres Beispiel ist die
systematische Erfassung von Homosexuellen durch die Gestapo ab
1934. Auf Basis von polizeilichen "Rosa Listen" wurden zehntausende
Männer in Karteien erfasst, überwacht und verfolgt. Insgesamt
50.000 Verurteilungen erfolgten nach dem berüchtigten Paragraphen
175, der in der Bundesrepublik erst 1994 endgültig abgeschafft
wurde. Die Gesprächspartner sind sich einig: Auch wenn sich die
Methoden geändert haben, besteht die Gefahr des Datenmissbrauchs
durch staatliche Stellen weiterhin. Rasterfahndung, die wieder in
Deutschland diskutierte Vorratsdatenspeicherung oder der "Cloud
Act" in den USA sind aktuelle Beispiele für weitreichende
Zugriffsbefugnisse. Zwar setzt die europäische
Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hier wichtige Grenzen. Doch die
Diskutanten bezweifeln, ob sie ausreicht, um die Demokratie
langfristig zu schützen. Ihr Wunsch an die Politik ist daher ein
stärkeres Bewusstsein für die Missbrauchsgefahren von
Datensammlungen. Statt Datenschutz vor allem als Hindernis zu
sehen, sollte er auch als Schutzschild der freiheitlichen
Gesellschaft begriffen werden. Denn historische Erfahrungen mahnen
zur Wachsamkeit - in Zeiten von Big Data und Künstlicher
Intelligenz mehr denn je.

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