"Podcasterinnen und Podcaster"

Wie häufig nutzen Podcaster Gender-Sprache?

29. Jun 2022 , aktualisiert: 10. Nov 2023

Die Podcast-Szene gilt als jung und divers. Zeigt sich das auch in der verwendeten Sprache? PodMon und podcast.de haben über 40.000 Episoden auf Gender-Sprache analysiert - mit überraschenden Ergebnissen.

Bild: Pexels
Wie häufig nutzen Podcaster Gender-Sprache?

Für die einen ist sie oberste Bürgerpflicht, für die anderen aufdringlicher Aktivismus. Die Gender-Sprache sorgt seit Jahren für hitzige Diskussionen. Die Debatte durchzieht alle Gesellschaftsbereiche von Arbeitsplätzen über Vereine, Kunst, Kultur und Politik. Auch auf Familienfeiern und in Podcasts ist sie keine Unbekannte. Wie halten es deutschsprachige Podcaster mit der sogenannten "Politischen Korrektheit" und der dazugehörigen Sprache?

Klempner oder Klempner?

Vertreter politisch korrekter Sprache sehen in ihr ein Instrument, um klassische Rollenbilder zu hinterfragen. Häufig ist von geschlechtersensibler, geschlechtsneutraler oder geschlechtergerechter Sprache die Rede. Ob sie auch tatsächlich sensibler, neutraler oder gerechter ist, auch daran scheiden sich die erregten Geister.

Befürworter nutzen diese Form von Sprache, um zu verdeutlichen, dass nicht nur Männer Klempner, Professor oder Soldat sein können. Häufig tun sie das, indem sie an Bezeichnungen ein "innen" anhängen. Aus Klempnern würde also Klempnerinnen und aus Befürworter würde Befürworterinnen. In die Wörter eingefügte Trennzeichen wie Sterne oder Doppelpunkte sind ebenfalls nicht unüblich. Im gesprochenen Wort wird vor besagtem "innen" eine kleine Sprechpause eingesetzt.

Gender-Sprache in Podcasts

Während die Mehrheitsgesellschaft die Gender-Sprache ablehnt, ist sie in jungen, urbanen Milieus durchaus verbreitet. Auch das verhältnismäßig junge Medium Podcast richtet sich häufig an junge, urbane, diverse Gruppen. Wie verbreitet ist diese besondere Sprachform also im Podcasting? Welche Podcast-Genres halten sie besonders hoch? Und wie lässt sich das überhaupt messen? Die gemeinschaftliche Analyse von podcast.de und PodMon erlaubt spannende Einblicke.

Podcast.de und PodMon haben über 40.000 Podcast-Episoden auf Gender-Sprache durchsucht.
Bild: PodMon

"Liebe Hörer..."

Mithilfe von PodMons Analysetool konnten 43.177 Podcast-Episoden, die zwischen dem Januar und dem Juni 2022 erschienen sind, ausgewertet werden. Die Episoden stammen aus den Top 1.000 Shows am deutschen Podcast-Markt. Jede einzelne Episode wurde maschinell erfasst, transkribiert und auf Gender-typische Wortendungen wie "in" oder "innen" geprüft. Wörter, die nicht zum Gender-Kontext, Verben und Adjektive wurden aussortiert.

Im nächsten Schritt wurden die 20 am häufigsten vorkommenden Wörter bestimmt. Dazu zählten Bezeichnungen wie "Kolleginnen", "Hörerinnen", "Schülerinnen". Die Analyse zielt auf die Episoden, in denen weibliche und männliche Form in Kombination, also beispielsweise "Autoren" verwendet wurde. Wenngleich weitere Formen der Gender-Sprache existieren, sollte der Fokus auf der Kombinationsform liegen, um zumindest eine Tendenz für die Gender-Sprachverwendung zu erhalten.

Ergebnisse der Gender-Analyse deutschsprachiger Podcasts

Das PodMon-Team konnte durch seine Analyse ermitteln, welche Podcast-Genres besonders häufig feminine Bezeichnungen einbeziehen. Wenngleich eingangs von jungen, urbanen Gruppe die Rede war, scheint es so, als wäre Gender-Sprache in einem anderen Podcast-Genre deutlich häufiger vertreten.

Die Podcast-Kategorie "Wissenschaft & Natur" liegt mit deutlich vorne. Der Höchstwert wurde auf 1 skaliert. In totalen Zahlen bedeutet das, dass eine Kombination aus weiblicher und männlicher Form 910 von 7107 Fällen nachgewiesen werden konnte. Das entspricht einer Quote von 12,8 Prozent. Der Bereich News ist belegt mit 11,37 Prozent den zweiten Rang. Literatur, Politik & Gesellschaft und Bildung rangieren jeweils um die 65 Prozent beim relativen und 8,5 Prozent beim totalen Gender Score.

Während das Podcast-Genre News laut zahlreichen Studien tendenziell eher von Männern gehört wird, wenden Frauen sich häufig Rubriken wie Lifestyle zu. Gewissermaßen überraschend schien daher die seltenere Verwendung der gesuchten Gender-Formen im Genre Lifestyle. 1,8 Prozent der analysierten Finanz-Podcasts verwendeten die Kombination von maskuliner und femininer Wortendung, das Genre belegt damit den letzten Platz. Nochmal zur Erinnerung, die Analyse bezieht ausschließlich auf die Kombinationsform aus männlicher und weiblicher Bezeichnung. Gender-Sprache mit "Bezeichnung-Sprechpause-Innen" konnten bislang nicht ausgewertet werden, dürften den Anteil an Gender-Sprache jedoch deutlich anheben.

Grafik der Gender-Sprache nutzenden Podcast-Genres am deutschen Podcast-Markt
Bild: PodMon

Verhältnis zwischen maskuliner und femininer Bezeichnung in Podcasts

Eine gesonderte Analyse der Singularformen ermöglichte weitere spannende Einsichten. Durch direkte Gegenüberstellung von weiblichen und männlichen Bezeichnungen konnte das Team von PodMon Relationen ermitteln. Welche grammatischen Geschlechter wurden also häufiger verwendet?

Anmerkung: Nicht ausgewertet wurde in unserer Singular-Analyse, inwiefern die gefundenen Beiträge sich auf konkrete Personen oder auf die unbestimmte Form des jeweiligen Begriffs bezogen haben.
PodMon

In 66 Prozent der Fälle sprachen Podcaster von Aktivist, in 34 Prozent der Fälle von Aktivistin. Den deutlichsten Unterschied machte Kunde (95 Prozent) zu Kundin (5 Prozent) aus. Die größte Annäherung fand bei Freund (58 Prozent) und Freundin (42 Prozent) statt.

Im Gesamtschnitt der 43.177 Episoden verwenden Podcaster in 24,09 Prozent der Fälle eine weibliche Singular-Endung. Das generische Maskulinum scheint somit die deutlich üblichere Variante zu sein.

Gender-Sprache in Podcasts - Analyse auf Singularformen
Bild: PodMon

Fazit zur Gender-Analyse in Podcasts

Die Podcast-Szene ist vielfältig, unüberschaubar, dynamisch und stets im Wandel. Dasselbe gilt für Sprache. Dieser Beitrag gibt nicht vor, wie Sprache sein sollte, sondern spiegelt ausschließlich die Auswertungsergebnisse. Die Analyse geschlechtsspezifischer Wortendungen war ein erster Versuch, um Podcasts auf großer Skala inhaltlich auszuwerten. Wir freuen uns über Rückmeldung zu den Ergebnissen und weitere Vorschlägen für umfassende, inhaltliche Analysen unter redaktion[at]podcast[punkt]de.


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